Zwischen 20 und 23 Jahre alt sind vier junge Männer, die jetzt wegen gemeinschaftlichen schweren Diebstahls vor dem Haller Amtsgericht angeklagt waren. Sie sind im Juni 2016 nachts in das Gebäude eines Sulzdorfer Auto­händlers eingebrochen. Die Beute war schmal. Sie wurden kurz nach dem Einbruch am Tatort von der Polizei geschnappt.
Die Verhandlung vor dem Haller Jugendschöffengericht beginnt verspätet. Einer der vier Angeklagten ist ausgeblieben. Er wohnt in Backnang. Nach fast einstündiger Wartezeit wird das Verfahren gegen ihn abgetrennt. Ihn erwartet jetzt ein eigener  Prozess.
Die drei anderen Angeklagten sind pünktlich erschienen. Einer von ihnen, ein derzeit arbeitsloser 21-jähriger Gaildorfer, erzählt bereitwillig die Vorgeschichte zu dem nächtlichen Einbruch.

Geld für Feier benötigt

Eigentlich wollten die vier Freunde in der Nacht zum 19. Juni zusammen feiern. Der Älteste in ihrer Runde, ein 23-jähriger Azubi, freute sich, dass seine Freundin nach einer schweren Krankheit wieder gesund aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Aber zum Feiern musste erst Geld beschafft werden. Spontan kauften sie sich abends in einem Gaildorfer Supermarkt für jeden ein Paar Einmal-Handschuhe. Vor Mitternacht fuhr das Quartett im VW Golf des 21-Jährigen von Gaildorf nach Sulzdorf. Die frisch genesene Freundin war als Gast auf der Rückbank mit dabei.
Ihr Ziel war das Areal eines Gebrauchtwagenhändlers. Sie wollten einbrechen. „Den Schraubenzieher hatte ich ja im Auto“, erzählt der junge Golf-Fahrer. Um den Gitterzaun des Händlers zu öffnen, brauchten sie aber kein Werkzeug. Gemeinsam wuchteten sie einen Zaunteil zur Seite. Der Fahrer stand Schmiere, die anderen schritten zur Tat. Die Freundin blieb derweil im geparkten Auto sitzen. Den Tätern gelang es nicht, ein Fenster an einem Container zu öffnen. Aber dann liefen sie zu einem Nebenhäuschen des Händlers und drückten erfolgreich eine Tür ein. Nach der erhofften Bargeld-Kasse aber suchten sie vergeblich. Ihre Beute bestand aus einer Sonnenbrille, einer kleinen silbernen Taschenlampe und einem älteren kleinen Tablet-PC.
 Plötzlich näherte sich ein Streifenwagen. Die vier Diebe suchten ihr Heil in der Flucht und rannten über eine Wiese. Zwei von ihnen wurden schnell gefasst, die beiden anderen stellten sich später, als sie Polizeihunde bellen hörten. Diese beiden zeigten den Beamten ihr Versteck in einem Gebüsch mit der liegengebliebenen Beute. Das zurückgelassene Mädchen war im Auto geblieben.
„Die Polizei war auf der Straße -  da, wo sie auch hingehört!“, stellt der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Amendt fest. Nicht immer konnten Beamte so erfolgreich  eingreifen. Es sei der siebte Einbruch bei ihm gewesen, berichtet der  Sulzdorfer Gebrauchtwagenhändler (50) als Zeuge.
Dr. Amendt beurteilt die Tat als einen „gemeinschaftlichen Diebstahl mit Waffen“. Dieses Gesetz ist so formuliert, dass gefährliche Werkzeuge den Waffen gleichgestellt werden. Egal, ob der Schraubendreher eingesetzt werden sollte oder nicht – er ist, so Dr. Amendt, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des Gesetzes.  Die beiden älteren Angeklagten werden gleichermaßen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sie müssen Arbeitsstunden ableisten und weitere Auflagen erfüllen.

Versuchter Totschlag

Der Jüngste, ein heute 20-Jähriger aus Ilshofen, bekommt eine halbjährige Jugendstrafe. Ihm sind wortwörtlich die Hände gebunden. Er sitzt im Adelsheimer Jugendgefängnis in Untersuchungshaft. Von dort wurde er nach Hall zur Verhandlung gebracht. Ihm droht eine Anklage wegen versuchten Totschlags vor dem Heilbronner Landgericht. Er soll Ende Dezember in Ilshofen auf einen Jüngeren eingestochen haben. Das Opfer überlebte. Der 20-Jährige wirkte jetzt in der mehrstündigen  Verhandlung beinahe apathisch. Er guckte überwiegend starr vor sich hin.

Schraubenzieher gilt als Waffe

Diebstahl mit Waffen ist laut Strafgesetzbuch ein Qualifikationstatbestand  des einfachen Diebstahls. Voraussetzung für seine Anwendung ist, dass der Dieb bei der der Tat eine Waffe, zum Beispiel eine Pistole  oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt. Schon ein Taschenmesser gilt als ein solches Werkzeug. Im hier behandelten Fall hatten die vier Täter einen Schraubenzieher dabei. Auch dieses Utensil ist nach neuer Rechtsprechung ein gefährliches Werkzeug im Sinne des Paragraphen 244. Die Strafandrohung bei einem Diebstahl mit Waffen liegt höher als bei einem einfachen Diebstahl. hey