Nach der offiziellen Kandidatenvorstellung der Gemeinde am vergangenen Montag ist die Rosengartenhalle am Freitagabend noch einmal genauso gut gefüllt. Rund 750 Besucher drängen sich beim HT-Wahlforum auf knapp 500 Quadratmetern. Weil die Sitzplätze nicht ausreichen, verbringen viele Bürger die gut zweistündige Veranstaltung stehend.
Dass die Resonanz erneut so gut ist, ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass viele Rosengartener noch unentschlossen sind, wem sie am nächsten Sonntag ihre Stimme geben werden. Denn mehreren der fünf Bewerber ist absolut zuzutrauen, ein würdiger Nachfolger des scheidenden Amtsinhabers Jürgen König sein zu können.
Bürgermeisterwahl Rosengarten HT-Wahlforum zur Bürgermeisterwahl in Rosengarten
Thomas Pfisterer, mit 58 Jahren ältester Kandidat, wirft seine Führungserfahrung in die Waagschale. Als Leiter des Veterinäramts des Hohenlohekreises habe er 50 Mitarbeiter unter sich, er sei Gremienarbeit gewohnt und könne repräsentieren. Dass er als erster seine Bewerbung eingereicht hatte, zeige, wie ernst er seine Kandidatur nehme. „Bürgermeister zu werden, ist mein Traum“, betont Pfisterer in seinem fränkischen Dialekt. Der gebürtige Ansbacher rollt das „R“, kann seine Herkunft nicht verhehlen, zeigt sich humorvoll. Wie viele Haustiere er habe, wird Pfisterer von Moderator Marcus Haas gefragt. „Derzeit keine, ich bin Tierarzt und nicht Tierhalter.“ Er fahre regelmäßig Fahrrad, schaue so gut wie nie fern und sei Fan des 1. FC Nürnberg.
In Sachen Kommunalpolitik zeigt er sich gut informiert. Rosengarten könne finanziell „keine Riesensprünge“ machen, etwa 1,5 Millionen Euro könne die Gemeinde pro Jahr ausgeben. Pfisterer befürwortet den Bau einer Ballsporthalle als nächste wichtige Großinvestition, vergisst aber auch die Rosengartenhalle nicht. Eine vierte Warmwasserdusche möchte er dort einbauen lassen. Weiter plädiert er für Investitionen in die Feuerwehr. Er möchte prüfen, ob „Schönbühl II“ als neues Baugebiet mit 90 Wohnplätzen ausgewiesen werden soll, und innerörtliche Leerstände beseitigen. Wie kann die schmale Straße zwischen Tullau und Steinbach sicherer gemacht werden? Auf diese Frage eines Bürgers schlägt Pfisterer vor, gemeinsam mit der Stadt Hall den Bau einer neuen Kocherbrücke zu prüfen. Dann könnten Fußgänger und Radfahrer die andere Flussseite nutzen.
Martina Moser, einzige Frau unter den Bewerbern und einzige Kandidatin mit Wahlplakaten in der Gemeinde, versucht Bedenken hinsichtlich ihrer fehlenden Verwaltungserfahrung zu zerstreuen. „Ich werde schnell und sicher die Lücken füllen, so wie ich das in meinem ganzen Leben gemacht habe.“ Sie wird sehr ernst, als sie über die Arbeit in ihrer Pflegefamilie spricht, in der sie Jugendliche mit schweren Schicksalen unterstützt. Aber die Friseurmeisterin sorgt auch für schallendes Gelächter in der Halle, als sie die neue Frisur des Moderators lobt. Weiter erfahren die Bürger, dass sie gern zu Helene Fischer tanzt und dem VfB Stuttgart die Daumen drückt.
Freizeitanlage statt neue Halle
Moser möchte im Falle ihrer Wahl versuchen, die gute Arbeit von Jürgen König fortzuführen, die Einwohnerzahl von derzeit rund 5200 halten und auf dem Nahkauf-Gelände günstige Wohnungen für sozial schlechter gestellte Bürger errichten. Für Aufsehen sorgt sie mit einer Feststellung: „Ich habe in vielen Gesprächen den Eindruck, dass in Rosengarten der Wunsch nach einer großen Freizeitanlage größer ist als nach einer neuen Ballsporthalle.“ Sie plädiert deshalb dafür, die Halle vorerst nicht zu bauen.
Julian Tausch schwätzt Schwäbisch, Gerrit Rozek spricht geschliffenes Hochdeutsch. Zu überzeugen wussten die beiden jüngsten Bewerber im bisherigen Wahlkampf und nun auch beim HT-Wahlforum gleichermaßen. Für viele Rosengartener gelten sie als Favoriten. „Ich brenne für den Job, und das will ich Ihnen zeigen“, wirbt Julian Tausch um Stimmen. Als Leiter der Michelfelder Gemeindekasse habe er vom dortigen Bürgermeister Wolfgang Binnig viel gelernt. Dieser wiederum lernte einst im Rosengartener Rathaus bei Jürgen König. „So schließt sich vielleicht der Kreis“, hofft der 33-Jährige. Auch er gewährt auf Nachfrage des HT-Chefredakteurs private Einblicke: früher guter Fußballer auf den Außenbahnen und im defensiven Mittelfeld, leidenschaftlicher Koch, bekennender Borussia-Dortmund-Fan, lieber Urlaub im Schwarzwald als auf Mallorca, lieber Bier statt Wein, an einem freien Tag mit der Familie in die Wilhelma. Tausch weiß mit Detailkenntnissen zu überzeugen („Die Etzgasse muss dringend erneuert werden“) und positioniert sich bei den großen Themen klar. In Sachen Ballsporthalle möchte er nach der Wahl ein Klausurtagung einberufen, da die Stimmung in der Gemeinde nach seiner Einschätzung 50 zu 50 für beziehungsweise gegen die Halle sei. Er möchte versuchen, Rewe möglichst lange im Nahkauf zu halten, damit Rosengarten nicht vorübergehend ohne Supermarkt dasteht. Auf dem Reutter-Areal, wo Rewe einen großen Supermarkt errichten möchte, sei derzeit noch alles vermietet.
Die Zusammenarbeit mit den Menschen in einer kleinen, liebenswerten Gemeinde reize ihn, sagt Gerrit Rozek, der vor seinem berufsbedingten Umzug nach Nürnberg bereits zwei Jahre in Rosengarten verbrachte. Er bedauert, dass er bei seiner derzeitigen Tätigkeit beim Bundesamt für Migration wenig direkten Kontakt mit Bürgern habe. Rozek möchte „die Bildung so gut wie möglich aufstellen“, in Grundschule und Kindergärten investieren. „Auch Rosengartener Kinder werden einmal in die globalisierte Welt entlassen. Dann sollen sie so gut wie möglich gerüstet sein“, sagt er. In Sachen Gemeindeentwicklung müsse Nachverdichtung vor der Ausweisung neuer Baugebiete stehen. „Es gibt einiges an Leerstand in allen Ortsteilen“, hat Rozek festgestellt. In seiner Freizeit spiele er gern E-Gitarre, meist Metal. Das beruhige die Nerven, verrät der 28-Jährige.
ÖPNV stärken
Möchte er lieber Stadtrat in Schwäbisch Hall werden?, wird Christian Gaus gefragt. „Ich stehe dort auf der Liste, aber ich werde definitiv nicht Stadtrat, sondern Rosengartener Bürgermeister“, gibt sich Christian Gaus selbstbewusst. Als eines der wichtigsten Themen hat sich Gaus den Öffentlichen Nahverkehr auf die Fahnen geschrieben. Zwischen den Rosengartener Ortsteilen soll es wieder bessere Verbindungen geben, und auch auf den Radwege-Ausbau möchte er besonderes Augenmerk legen. Er spricht sich klar für den Bau der Kaltsporthalle aus und möchte den Glasfaser-Ausbau vorantreiben. Den neuen Rewe-Markt würde er am liebsten „mitten im Ort“, also auf dem Reutter-Areal sehen. Zudem möchte er sich für die Schaffung von mehr seniorengerechtem Wohnraum einsetzen. Sein fehlendes Wissen um den lokalen Fußball in Rosengarten umschifft Gaus geschickt. Westheim oder Rieden, wer spielt höherklassig?, wird er gefragt. Seine Antwort: „Beide spielen auf hohem Niveau!“ Die Halle tobt vor Lachen.
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So wird der Bürgermeister gewählt
Falls einer der Kandidaten bei der Wahl am 26. Mai die absolute Mehrheit, also 50 Prozent plus eine Stimme erringt, so ist die Entscheidung bereits im ersten Wahlgang gefallen. Sollte dies nicht der Fall sein, so kommt es am Sonntag, 16. Juni, zu einem zweiten Wahlgang, bei dem die relative Mehrheit genügt. Für den zweiten Wahlgang können vom 27. Mai bis zum 29. Mai um 18 Uhr Bewerbungen eingereicht werden. Es können sich auch noch neue Kandidaten bewerben. Ebenso können Bewerber, die bei der ursprünglichen Wahl kandidiert haben, ihre Kandidatur für die Neuwahl zurückziehen. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass mehrere Bewerber im zweiten Wahlgang exakt gleich viele Stimmen erhalten, muss das Los entscheiden, wer neuer Rosengartener Bürgermeister wird. gm