Durch Pistolenschüsse wurden Anwohner des Haller Neißewegs an einem Sonntagmorgen im Juni dieses Jahres aufgeschreckt. Jetzt war der 18-jährige Schütze vor dem Haller Amtsgericht angeklagt.
Die Verhandlung beginnt mit Verspätung, denn der beschuldigte junge Mann hat sich im Termin geirrt – sagt er zumindest. Die Haller Jugendgerichtshelferin Bärbel Brehm kann ihn vom Gerichtssaal aus in seinem Ausbildungsbetrieb erreichen. Wenig später ist er zur Stelle.
Staatsanwältin Katharina Steinmeyer verliest die Anklage: Ohne einen kleinen Waffenschein zu besitzen, hat der 18-Jährige am 2. Juni in aller Frühe mit einer Schreckschusswaffe auf der Straße herumgeballert. In seinem Alter darf er eine solche PTB-Waffe besitzen, aber er darf damit nicht nach draußen gehen. Der Vorwurf lautet: „vorsätzliches unerlaubtes Führen einer Schusswaffe“.
Der bisher unbescholtene Auszubildende will zunächst nichts zugeben: Jemand anders habe geschossen. Er habe noch geschlafen, als die Polizei bei ihm vor der Tür gestanden habe. Richter Sven Güttner vernimmt daraufhin einen Polizeibeamten, der damals mit seinen Kollegen von einer Anwohnerin alarmiert worden war. Das Blatt wendet sich. Der junge Polizeikommissar berichtet über seinen Einsatz und belastet mit seiner Aussage den Angeklagten erheblich. Vom Balkon aus hatte die verängstigte Anwohnerin, die über Notruf die Polizei alarmierte, den jungen Schützen gesehen. Sie konnte ihn den Beamten bis hin zu einem blauen Fleck an der Wange beschreiben. Sie wusste auch, wie sein Auto aussah. Kaum hatten die Beamten den abgestellten Golf Cabrio gefunden, ermittelten sie über das Kfz-Kennzeichen den gesuchten Halter.
Als sie bei ihm klingelten, öffnete der Angeklagte selbst. Auf dem Fußboden der Wohnung fanden sich zwei Patronen der Schreckschusspistole. Die Waffe selbst konnte der Beamte in einer Dachluke sicherstellen. Als Zeuge erzählt der Polizist, der 18-Jährige habe ihn gewarnt, die Luke zu öffnen – wegen zu viel „Staub und Spinnen“. Er öffnete sie trotzdem. Sauber und staubfrei lag ganz vorne die gesuchte Pistole.
Entschieden gibt Staatsanwältin Steinmeyer dem Angeklagten zu verstehen, dass sie seinen Unschuldsbeteuerungen nicht glaube. Da gibt er schließlich zu, dass er „rausgegangen sei“, und bekennt: „Ich hab’ ein, zwei Schüsse gemacht!“ Mit diesem Geständnis verschafft er sich einen großen Pluspunkt.
Wie von Jugendgerichtshelferin Brehm vorgeschlagen, wendet das Gericht auf ihn das Jugendrecht an. Der 18-Jährige, der im nächsten Jahr seine Berufsausbildung abschließen will, soll als Geldauflage 400 Euro an den Verein „Haller Jugendberatung“ zahlen. Sobald er den Betrag überwiesen hat, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.
Darauf, dass ihm seine Pistole zurückgegeben wird, hat der junge Mann im Gerichtssaal freiwillig verzichtet.

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