Im Limpurger Land darf man getrost mal die Zeit vergessen. So hängt dort am 9. Oktober zwischen Bäumen die Zeitlosuhr. Finden kann sie, wer sich zusammen mit Naturparkführer Karl-Dieter Diemer an Seilen den sogenannten „Highway to Hill“ am Kirchberg hochgezogen hat. Der Waldpädagoge bereichert mit dieser Aktion die Veranstaltung „Gaildorf chillt“. Seine Tochter Leona hat in den vergangenen Jahren zusammen mit Freunden den „Pippi-Langstrumpf-Baum“ betreut. Einem, in dem man neben Limonaden, so wie man das vom stärksten Mädchen der Welt kennt, auch Tassen, Kleidung, Kuscheltiere und einiges mehr „pflücken“ kann. Sehr beliebt ist aber auch die Seilbrücke von den Royal Rangers. Neu in diesem Jahr: Die Station „So tanzte Gaildorf vor 250 Jahren“ soll zum Mittanzen einladen.
Mittags flutet die Jugend die Innenstadt
Ins Leben gerufen hat die Veranstaltung vor sechs Jahren Jugendreferentin Pia Dahlinger. Ihre Intention war es, jungen Leuten und Junggebliebenen die herrliche Natur des Limpurger Landes nahezubringen. Das Konzept kam gut an und „Gaildorf chillt“ ist inzwischen ein fester Bestandteil im Jahresreigen der Veranstaltungen. Pia Dahlinger stammt ursprünglich aus Murrhardt. „Doch Gaildorf“, betont sie, „finde ich einfach cool. Cooler wahrscheinlich, als die Gaildorfer selbst“, vermutet sie. Sie schätzt das hohe Bürgerengagement und das, was zum Beispiel die Kulturschmiede regelmäßig „auf die Beine stellt“. Sehr gut gefällt ihr, dass das Schulzentrum seinen Platz mitten im Ort hat. „Mittags flutet dann die Jugend regelmäßig die Innenstadt.“ Ein Umstand, den sie als genauso liebenswert erachtet wie die Tatsache, dass Bürgermeister Frank Zimmermann während des Lockdowns an der Realisierung eines Schulradios mitgewirkt habe, bei dem die Schüler dem Ortsoberhaupt Fragen stellen konnten. Dazu kämen die interessante Stadtgeschichte, geprägt durch die Schenken von Limpurg, die lieblichen Streuobstwiesen und die Limpurger Berge. „Diese sind eine Bereicherung für den Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald, dem Gaildorf angehört.“
Die Natur schätzt Lucas Höfer besonders. Er engagiert sich beim Evangelischen Jugendwerk Gaildorf und betreut das Kletterwäldchen aus mehreren Hochseilgärten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Der 35-Jährige ist selbst begeisterter Kletterer, im Hochseilgarten ebenso wie in der Kletterhalle und in den Bergen. Er mag die einzigartige Veranstaltung „Gaildorf chillt“, weil die Atmosphäre „wirklich chillig“ ist. Seinen Heimatort beschreibt er als kleine, rührige Stadt mit vielen, auch kreativen Angeboten. Sein Lieblingsplatz ist der Kernerturm am Hausberg Kirgel, von dem man weit über Felder, Wiesen und Wälder blicken kann.
Eine Bank unter einem Walnussbaum am Rande der Stadt ist für Sarah Schrimpf der schönste Rückzugsort. Schon als Kind und Jugendliche saß sie dort und heute, als Stadtmalerin von Gaildorf, tut sie das wieder. „Anders als früher weiden dort inzwischen Kühe, die mit der Zeit richtig zutraulich werden“, erzählt die 31-Jährige. Ihr Zuhause ist derzeit das Alte Schloss, die Stadtmalerwohnung im Torturm und das Atelier im Westflügel. Sarah ist fasziniert von dem historischen Gebäude, dessen zahlreiche Zimmer sie erst vor kurzem bei einer Führung mit dem Hausmeister erstmals betreten durfte. Seither streift sie durch die Räume, macht Fotos, betrachtet Fragmente von Wandmalereien und rätselt, was die Inschrift, die wie ein chinesisches Schriftzeichen aussieht, über einer der Türen bedeuten könnte. Die Stadtmalerin arbeitet bevorzugt mit der Kamera, sie filmt, fotografiert und inszeniert. Eines ihrer Themen sind Wahrnehmungsphänomene. Konkret gehe es um eine Änderung der Perspektive, die Konzentration auf das kaum bewusst Einsickernde. Sie fragt: „Was kriege ich eigentlich mit von Gaildorf und wie kann man das notieren?“
Die Schenken und die Ritter „de Geilendorff“
In der Mitte des heutigen Gaildorf wohnten einst die Ritter „de Geilendorff“, denen die Stadt ihren Namen verdankt. Später ließen die Schenken von Limpurg das Alte Schloss mehrfach umbauen und residierten selbst im vierflügeligen Fachwerkbau mit seinem schönen Innenhof, in dem heute Open-Air-Kino veranstaltet wird. Als Reichserbschenken verrichteten sie in der Frühen Neuzeit einen wichtigen rituellen Hofdienst: Sie reichten dem Kaiser bei seiner Krönung den Becher zum Trinken und erhielten den Schenkenbecher als Verdienst aus der Hand des neu gekrönten Kaisers. Heute gibt es nur noch einen dieser Becher, die anderen wurden aus Geldnöten eingeschmolzen. Er befindet sich in der Sammlung Würth. Im Wurmbrandsaal des Alten Schlosses gibt es jedoch eine recht gute Kopie. An die Geschichte der Stadt erinnert seit Anfang Oktober die Zusatzbezeichnung „Schenkenstadt“, die künftig auch auf den Ortsschildern zu lesen sein soll.
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What the Fact
Landkreis: Schwäbisch Hall
Einwohner: 12 355
Typisch Gaildorf:
Altes Schloss im Zentrum, Geschichte der Schenken, Flößerzunft Limpurger Land, Wander- und Radwege
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Feiern? Ja, gern!
Pferdemarkt, Bluesfest, Floßfest, Gaildorf chillt, Motocross, Kirbe, Weihnachtsmarkt und vieles mehr ...
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Gaildorfer Spezial (Bier)
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Gut zu wissen:
Seit 1. Oktober darf sich Gaildorf offiziell Schenkenstadt nennen.
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Perfekter Selfie-Hotspot:
Kernerturm auf dem Berg Kirgel.