Es fällt auf, dieses Kinderlachen. Zwei Jungs und ein Mädchen haben im Hausgang der Haller Jugendherberge im Langenfelder Weg ihren Spaß. Erst beim zweiten Hinschauen fällt auf: Eines der drei Kinder besitzt andere Körperproportionen als die anderen zwei. Doch das stört niemanden. Sie werfen Bälle hin und her, schmieden Pläne für den weiteren Tagesablauf und bedenken jeden Vorbeigehenden mit einem freundlichen Kommentar. Rund 80 Teilnehmer sind am Wochenende beim Herbsttreffen des Landesverbands Kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien (LKMF) zusammengekommen. An drei Tagen wurden unter anderem Fachvorträge über Pflege, Physis und Ernährung gehalten.

Aufgefangen und betreut

„Es gibt ungefähr 600 Ausprägungen von Kleinwüchsigkeit“, berichtet Saskia Bronner aus der Nähe von Freiburg, die Vorsitzende des baden-württembergischen Landesverbands. Ihr Sohn ist zwei Jahre alt und kleinwüchsig. Das fällt nicht sofort auf, weil Anton mit seinem Dreirad schnell im Hausflur unterwegs ist. „Man hat es uns zum Ende der Schwangerschaft gesagt. Als Eltern sind wir nach dieser Diagnose schon geschockt. Man hängt in der Luft. Doch wir wurden von den Menschen, die uns betreut haben, gut aufgefangen“, erzählt die Mutter.
Bei Bronners war es eine Zufalls-Mutation der Gene, in beiden Familien gab es bisher keine Kleinwüchsigkeit. Anton leidet an der häufigsten Form, seine Röhrenknochen in den Armen und Beinen sind verkürzt, während der Rumpf praktisch Normalgröße hat. In der Medizin heißt diese Krankheit Achondroplasie. In Deutschland gibt es insgesamt rund 100.000 Kleinwüchsige.
Bronner vermittelt dem Besucher den Kontakt zu denjenigen Betroffenen, die bereit sind, über ihr Leben mit der Kleinwüchsigkeit zu sprechen. „Erfahrungsgemäß merken Kinder im dritten Lebensalter, dass etwas mit ihnen nicht stimmt“, sagt Dominic Krey. Der 27-Jährige ist nur 1,38 Meter groß. Seine komplette Körperstatur ist normal ausgebildet, nur im Kleinformat. Auch er hat, genauso wie die anderen Kleinwüchsigen, eine normale Lebenserwartung – und wie viele Betroffene hat er ein Studium absolviert. Er steht als Betriebswirt im Berufsleben.
Im jungen Erwachsenenalter hatte er aber Mühe, eine Partnerin kennenzulernen. „Rückblickend lag das aber wohl an meiner verschlossenen Art“, meint Krey, der nun mit einer normal großen Frau zusammen ist. In der Pubertät sei er mit vielen Dingen nicht klargekommen. „Da vergießt man schon einmal eine Träne.“ Der Landesverband habe ihm viel Hilfestellung geben können. Im Umgang mit Nichtbetroffenen habe auch die TV-Serie um den amerikanischen Kleinwüchsigen Peter Dinklage für mehr Verständnis gesorgt.

Schwierigkeiten im Alltag

Silvan Schwarz (34) aus Leonberg ist noch einmal zwei Zentimeter kleiner als Krey. Wie die meisten Teilnehmer in Hall nimmt er dies mit Humor: „Was bleibt mir auch anderes übrig!“ Mit 26 Jahren kaufte er sein erstes Auto. „Da muss man zuerst einmal einen Verkäufer im Autohaus finden, der einen ernst nimmt.“ Im Beruf würden Kleinwüchsige manchmal unterschätzt. „Da kann man ja etwas dagegen tun“, sagt der Elektroingenieur.
Er freue sich bei dem halbjährlichen Treffen auf die Abende. „Die sind lang und lustig.“ Ein Teil der Teilnehmer wollte außerdem ein Ausflug in die Innenstadt machen. In positiver Erinnerung wird ihnen die Jugendherberge bleiben. „Barrierefreie Zimmer, Lift und Rampen sind perfekt. Das findet man nicht überall“, sagt Bronner.