Mit mulmigem Gefühl stehe ich vor dem großen grauen Bau in Schwäbisch Hall. Meterhohe Zäune umfassen die gesamte Anlage der Justizvollzugsanstalt (JVA). Erstmals sehe ich sie von innen, denn ich begleite die Beamten im mittleren Justizvollzugsdienst, um zu erfahren, was eigentlich hinter diesem Berufsbild steckt.
Mein Einsatzort ist Gebäude 3, genauer Stockwerk 3-1, Untersuchungshaft. Türe um Türe schließt ein Bediensteter der Anstalt mit seinem schweren Schlüsselbund auf. Als wir auf dem Stockwerk ankommen, das aus einem langen Gang mit etlichen schweren Stahltüren besteht, begrüßt mich Herr Braband. Er ist Abteilungsleiter der 3-1 und seit 13 Jahren in der JVA in Hall tätig.
Um sechs Uhr morgens ging sein Frühdienst bereits los. „Je nachdem, ob man Früh-, Spät- oder Nachtschicht hat, variieren natürlich die Aufgaben“, erklärt er. Zu den morgendlichen To-dos eines Beamten im mittleren Justizvollzugsdiensts gehört der Frühaufschluss. Das bedeutet, die Häftlinge bekommen ihr Frühstück, können sich einen Tee holen und Anträge abgeben. „Wenn sie zum Beispiel am Abend telefonieren möchten, müssen sie das erst genehmigen lassen“, so Herr Braband. Ein bürokratischer Aufwand, der jedoch die Sicherheit aller gewährleisten soll. „Wir tragen in unserem Beruf Sorge dafür, dass niemandem etwas passiert – weder einem JVA-Mitarbeiter noch einem Häftling“, macht er deutlich. Deshalb finde der Frühaufschluss nur einzeln hintereinander statt. Und auch die Schichtwechsel-Bedingungen sind besondere: Einem Häftling begegne ich an diesem Tag nicht. Denn für die Arbeit mit den Straffälligen benötigt es eine grundsolide Ausbildung.
Herr Tischler hat diese vor drei Monaten absolviert und ist nun Beamter auf Probe. Doch was bewegte Braband und Tischler dazu, diesen Job auszuüben? „Die Beamtenlaufbahn ist ein großer Vorteil“, antworten beide fast unisono. „Sie sorgt für berufliche Sicherheit.“ Bevor sie zur JVA gegangen sind, haben sowohl Braband als auch Tischler schon eine Ausbildung absolviert. „Das ist bei vielen Beamtenanwärtern, wie die Azubis genannt werden, der Fall, aber keine Voraussetzung.“
Zu den Aufgaben der Beamten im mittleren Justizvollzugsdienst gehört auch die Kontrolle der Hafträume. Herr Braband übergibt mir den Metallsensor, mit dem ich Kissen, Matratze und Vorhang der Zelle nach metallischen Gegenständen absuche. „So könnten wir zum Beispiel eine versteckte Rasierklinge finden“, erklärt er. Weiter geht der Check an Wänden, TV-Gerät und im Nassbereich. „Und auch die Person selbst wird abgetastet – als Häftling gibt es quasi fast keine Privatzone mehr.“ Seine „Macht“ im Beruf auszunutzen, sei natürlich keine Option, berichtet Tischler. „Wir müssen uns immer darüber bewusst sein, dass wir die Menschen hinter einer Türe einschließen, die keine Klinke hat“, sagt er. Die Arbeit in der U-Haft hat außerdem einen weiteren besonderen Aspekt: „Hier sitzen Personen ein, die noch nicht offiziell verurteilt sind. Es gilt also noch die Unschuldsvermutung“, macht Braband deutlich. Generell rät er den Azubis, die er betreut, nicht in die Akten der Häftlinge zu schauen. „Würden sie sehen, dass sie es mit einem Mörder zu tun haben, reagieren sie vielleicht nicht so souverän, wie sie sollten. Wir müssen zudem alle gleich behandeln.“
Immer wieder ertönt im Hintergrund ein Piepsen im Büro der Beamten. „Das zeigt uns an, wenn ein Häftling etwas benötigt. Wir kommunizieren dann entweder über die Sprechanlage oder schauen durch die Luke in der Türe, ob alles in Ordnung ist.“ Muss eine Person zum Arzt oder hat Besuch, bringen die Beamten sie dorthin. „Und natürlich kommen auch regelmäßig neue Gefangene zu uns“, erklärt Braband. „Die begleiten wir von Anfang an bei der Kontrolle und einem Arztbesuch, danach erklären wir ihnen den Ablauf auf dem Stockwerk und auch, welches Verhalten wir von ihnen erwarten.“
Wie nahe ist die Arbeit denn am Bild vom „Gefängnis-Wärter“ dran, welches über Filme und Serien vermittelt wird? „Das ist ein meilenweiter Unterschied – zum Glück ist es nicht so extrem“, sagt Braband. Ich stimme ihm zu und ziehe mein Fazit. Die Arbeit in der JVA wirkt zunächst beklemmend, ist aber überraschend vielseitig und vor allem eines: immens wichtig.
Die Ausbildung im Überblick
Die Ausbildung dauert zwei Jahre und startet mit einem dreimonatigen Einführungslehrgang. Danach geht es in die Haupt- und für einige Zeit in eine weitere Anstalt, um, angeleitet von einem Paten, Praxiserfahrungen zu sammeln. Am Ende folgt der Abschlusslehrgang samt Prüfung. Die theoretische und mündliche Prüfung umfasst unter anderem die Fächer Kriminologie und Rechtskunde. Außerdem müssen die Anwärter praktisches Können vorführen, etwa bei einer Haftraumkontrolle.
Das solltest du mitbringen:
- Teamfähigkeit
- Organisationstalent
- Belastbarkeit
- Guter Hauptschulabschluss
Du hast Interesse an dem Beruf? Dann schau gerne direkt online bei der JVA Schwäbisch Hall vorbei oder informiere dich beim Land Baden-Württemberg über das Bewerbungsverfahren.