Hungersnot im Limpurger Land. Nach dem dramatischen Ernteausfall durch den verheerenden Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora anno 1815 herrschten im Königreich Württemberg allerorten Not und Elend. Viele Menschen, vor allem in den Reihen der Bettler und alleinstehenden Kranken, verhungerten im Folgejahr oder starben an durch Mangelernährung verursachten Krankheiten.
Wohltätig engagiert
Die Stadt wäre damals nicht in der Lage gewesen, aus eigener Kraft und auch durch die Mithilfe des hier ansässigen Adels der Not angemessen zu begegnen. In anderen Teilen Württembergs war die Lage um keinen Deut besser. Dessen war man sich in der königlichen Residenz in Stuttgart bewusst. Und so reagierte die junge Königin Katharina, Tochter des russischen Zaren Paul, prompt: Sie gründete etwa den „Zentralen Wohltätigkeitsverein“, machte Geld locker für Armenspeisungen.
Arme mit Essen versorgt
In Gaildorf finanzierte Katharina eine Suppenküche, die vom 24. Februar bis 13. September 1817 im Alten Schloss eingerichtet war. Von Marie Niethammer, Tochter des damals in Gaildorf wirkenden Oberamtsarztes Justinus Kerner, stammt eine der wenigen Beschreibungen dieser Einrichtung. In ihren 1877 veröffentlichten Familien-Erinnerungen „Justinus Kerners Jugendliebe und mein Vaterhaus“ schildert sie ihre als vierjähriges Mädchen gewonnenen Eindrücke – „wie ich hier und da die Mutter in eine große Küche begleiten durfte, in der die Frauen und Töchter von Beamten und Bürgern in umfangreichen Kesseln für Arme kochten, und der vielen Kinder, die mit Schüsseln dastanden, um sich Suppe zu holen“.
Königlicher Besuch in Gaildorf
Marie Niethammer beschreibt die Königin als die „wahre Mutter ihres Volkes“, die „auf jede Art für die Armen und Hungernden“ gesorgt habe. Etwa indem sie Getreide aus Russland kommen ließ oder „wohltätige Anstalten und Vereine zur Milderung der augenblicklichen großen Not“ aus der Taufe hob. Dass die von ihr initiierten Hilfen auch wirklich fruchteten, davon wollte sich Katharina persönlich überzeugen. Und so führte sie eine ihrer Reisen durchs Königreich eines schönen Sommertages 1817 – das genaue Datum ist nicht überliefert – auch ins Zentrum des Limpurger Landes. Auf dem Marktplatz wurden Königin Katharina und König Wilhelm von den Gaildorfern begrüßt.
Für die Bürger bestand allerdings kaum Gelegenheit, mit dem königlichen Besuch zu sprechen. Das war nur wenigen Honoratioren vorbehalten. Etwa Justinus Kerner, der laut seiner Tochter Marie sehr glücklich gewesen sei, „die von ihm so hochverehrte Königin zu sehen“. Später habe es der Vater sehr bedauert, „dass er es für passender gehalten hatte, während die Königin mit ihm sprach, die Brille abzunehmen“. Denn „seiner Kurzsichtigkeit halber blieb ihm kein deutliches Bild von ihr“.
Großer Verlust für Württemberg
Was in der Erinnerung blieb, war ihr Wirken. Als Katharina am 9. Januar 1819 im Alter von erst 30 Jahren überraschend starb, war das „ein großer Verlust für Württemberg“, wie Marie Niethammer bemerkt. Durch „ihr Eingehen in alle Verhältnisse und ihre Hilfe, wo es Not tat, stand sie nicht auf unnahbarer Höhe. Einem jeden war die Mutter gestorben!“
An sie erinnert in Gaildorf auch ein Gebäude, das mit ihrer Person eigentlich nichts zu tun hat: Das 1914 auf dem Stadtfriedhof errichtete Frasch-Mausoleum hat der Stuttgarter Stararchitekt Albert Eitel der für Katharina auf dem Württemberg erbauten Grabkapelle nachempfunden. Diese Kapelle, in der heute eine Trauerfeier stattfindet, hatte König Wilhelm für seine von ihm mit einer italienischen Adeligen betrogenen Ehefrau in Auftrag gegeben – mit der Portal-Inschrift: „Die Liebe höret nimmer auf.“
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Trauerfeier für eine beliebte Monarchin in der Grabkapelle auf dem Württemberg
Der Todestag der württembergischen Königin Katharina, die bei vielen Menschen populär ist, jährt sich heute zum 200. Mal. Mit einer öffentlichen Gedenkfeier an ihrem Grab in der Grabkapelle auf dem Württemberg erinnert das Land Baden-Württemberg an Leben und Werk der ungewöhnlichen Monarchin, die am Beginn des 19. Jahrhunderts vieles bewegte. Um 15 Uhr beginnt die Feier, bei der im Rahmen einer Kranzniederlegung Ministerialdirektor Jörg Krauss vom Ministerium für Finanzen sprechen wird. Es singt der Philharmonische Chor Fellbach, und es werden Originaltexte zur Beisetzung der Königin zu hören sein.