Eigentlich ist der Karpfen kein einheimischer Fisch. Er kam seinerzeit mit den Römern in hiesige Gefilde; später entdeckten Mönche seine Qualitäten als Speisefisch in der Fastenzeit. „Seitdem kann man schon von einem heimischen Fisch sprechen“, sagt Markus Frank, der Vorsitzende des Fischereivereins Gaildorf. Vor ihm stehen 20 Zuhörer. Sie erfahren nicht nur Geschichtliches, sondern vor allem viel Interessantes über das Leben unter der Wasseroberfläche des Kochers.
Fünf Schilder, vollgepackt mit Informationen, hat der Verein zwischen dem Hallengelände und dem Wanderweg nach Münster aufgestellt. So entstand ein Fischlehrpfad, der an diesem bewölkten Samstagnachmittag offiziell eingeweiht wird. Bürgermeister Frank Zimmermann will sich das mitsamt seiner Familie ebenso wenig entgehen lassen wie Günter M. Mayr, der als Vertreter der Fischhege Rot-Kocher mitwandert. „Die Schilder zeigen, wie es im Fluss aussieht und welche Veränderungen es in der Vergangenheit gab“, erklärt Frank den Ansporn. Die Stiftung des Landesnaturschutzverbands fand diese Idee prima und gab einen Zuschuss; der städtische Bauhof kümmerte sich ums Aufstellen.
An der ersten Station am Kochersteg geht es um den „Lebensraum Strömung“. Barbe, Nase und Schneider fühlen sich dort wohl. Die Strömung kommt nicht von ungefähr: Eingriffe des Menschen haben den Fluss begradigt und eingeengt. Das erhöht die Fließgeschwindigkeit. Etwa auf Höhe der Infotafel wurde vor Jahresfrist eine steinerne Rampe im Flussbett angelegt, sodass sich die Fische „barrierefrei“ fortbewegen können. Es ist eine von vielen Maßnahmen, die den Bestand der unzähligen Fischarten, Krebse und anderen Wasserbewohnern sichern sollen. Droht eine Population zu verschwinden, helfen die Fischer nach – etwa, indem sie 10 000 Brütlinge der Nase im Kocher aussetzen.
An der zweiten Station findet Markus Frank kritische Worte. Hinter ihm ist das Kocherwehr zu sehen – „für Wanderfische eine interessante Geschichte: Entweder kommt der Fisch weiter, oder nicht“. Stromaufwärts klappt das noch einigermaßen dank der Fischtreppe an der gegenüberliegenden Uferseite. „Aber stromabwärts nimmt der Fisch immer die Hauptstromrichtung. Und da kommt eine Turbine.“ Auch das natürliche Geschiebe von Kies im Fluss werde durch Wehre gebremst. „Kies im Kocher bedeutet Leben“, betont Frank. Er bietet Raum für die Eiablage, Verstecke für Bachflohkrebse und verschiedene Larven und dient als Nährstofflieferant. „Entweder müssten die Wehrbetreiber auf beiden Seiten Kiesbänke pflegen oder das Geschiebe regelmäßig durchlassen“, fordert er. An der dritten Station liegt der Kocher ruhig im Bett – es ist im besten Wortsinn die Kehrseite des Wehres, vor dem sich das Wasser anstaut. Brachse, Hecht und besagter Karpfen kommen hier vor.
Nach eineinhalb Stunden erreicht die Gruppe das letzte Schild. Dort applaudieren die Teilnehmer Markus Frank für eine spannende Tour entlang des Kochers. Der Vereinsvorsitzende hofft, dass noch viele interessierte Wanderer an den Schildern innehalten werden.