„Mein Ziel war es, etwas zu bewegen“, sagt Fritz Maywald. Bewegung hat für ihn als Sportler generell einen hohen Stellenwert. Mit dieser Leidenschaft hat der 74-Jährige viele Menschen angesteckt. So erntete er bei seiner Verabschiedung stehende Ovationen von den Mitgliedern des TSV Gerabronn. Das Amt des Beisitzers für den Bereich Seniorenarbeit hat der Sportsmann niedergelegt. Das Jedermannturnen leitet er jedoch weiterhin mit Begeisterung. Komme, was wolle: Montags steht er in der Turnhalle auf der Matte.
Geboren ist er inmitten der Kriegswirren 1944 in Erfurt. Sein Vater kam einen Monat vor Kriegsende bei einem britischen Fliegerangriff ums Leben. Den Sohn sah er nur einmal: „An Weihnachten trug er mich auf dem Arm.“ Fritz Maywalds Stimme stockt. Er schweigt. Erst zwei Monate nach dem Tod seines Vaters überbrachte ein Bote der Mutter die schreckliche Nachricht.
Der Schicksalsschlag beeinflusste Maywalds weiteren Weg, so auch seine Fächerwahl: Neben Sport unterrichtete der pazifistisch und liberal denkende Gymnasiallehrer Geschichte und Politik. Beim Thema Nationalsozialismus erzählte er den Schülern von diesen dunklen Stunden seiner Vergangenheit. „Da war’s immer mucksmäuslestill“, erinnert er sich. „Man kann Geschichte nicht besser beschreiben als durch ein Einzelschicksal.“
Nach seinem Referendariat hatte ihn das Oberschulamt 1971 ans hiesige Gymnasium geschickt. Ursprünglich wollte er nur ein Vierteljahr bleiben. Doch bei einem Abschlussball verlor der Junglehrer sein Herz an Else, die große Schwester einer Schülerin. So blieb er in Gerabronn.
Sportlicher Allrounder
Seine Passion begann als fünfjähriger Dreikäsehoch beim Kinderturnen in Ernsbach, einem Stadtteil von Forchtenberg, wo er seine Kindheit verbrachte. Nach einem Umzug nach Öhringen trat er dem Traditionsverein TSG bei. Seine Stärke war die Vielseitigkeit. „Grundsätzlich war ich Turner“, sagt er. Grätschsitz am Boden, Oberarmstand am Barren und Sprunghocke über das Pferd beherrschte er aus dem Effeff. Zudem spielte er aktiv Fußball und Handball. Auch Leichtathletik war sein Ding. Eigentlich alles, was mit Bewegung zu tun hat.
Mit dem Jedermannturnen lässt er seine Sportlerkarriere nun ausklingen. Die 30-köpfige Gruppe hält sich mit Gymnastik fit, ganz nach dem Motto: „Quäle deinen Körper, bevor er dich quält.“ Maywald ist nach wie vor sehr beweglich: Er streckt die Arme nach oben, dann zur Seite und schwingt dynamisch von einem Bein aufs andere.
Im TSV hat der rührige Gerabronner zahlreiche Ämter durchlaufen: Er war Mitglied im Vereinsrat, technischer Leiter, Abteilungsleiter und fünf Jahre lang Vorsitzender. Die Handballabteilung gründete er mit. Für sein Engagement erntete Fritz Maywald jede Menge Ehrungen, etwa den Ehrenbrief mit Goldnadel als höchste Auszeichnung des Turngaus Hohenlohe oder die Walter-Kolb-Plakette des Deutschen Turnerbunds. Seine Motivation: „Ich konnte durch den Sport so viel Positives mitnehmen und das möchte ich gerne weitergeben.“
Gleich zwei Jubiläen gestaltete er maßgeblich mit, das letzte vor fünf Jahren. „So etwas geht nur mit den richtigen Leuten“, lobt er seine Vereinskameraden. Als Mitgründer und Vorsitzender des Fördervereins „150 Jahre TSV Gerabronn“ erdachte Maywald verschiedene Aktionen, um Geld in die Jubiläumskasse zu spülen und den Zusammenhalt zu stärken: Die Hocketse unter den Linden sowie das Bier- und Rettichfest feiern die Gerabronner seither regelmäßig. Viele Visionen und Pläne setzte er mit den TSVlern gemeinsam um. Eine wichtige Rolle spielte dabei stets seine Frau, inzwischen pensionierte Grundschullehrerin. „Ohne sie hätte ich das alles nicht geschafft“, weiß er.
Eigentlich wollte der zweifache Vater und Großvater schon mit 70 mit der Vereinsarbeit aufhören, aber neue Aufgaben lockten. Dass er jetzt sein Pensum zurückgeschraubt hat, liegt an gesundheitlichen Problemen. „Ich bin ein Mensch, der nicht Nein sagen kann und stehe immer unter Strom. Am Ende war es halt die Überlastung“, vermutet er. Den Sport ganz an den Nagel zu hängen, kann er sich nicht vorstellen. „Von der Wiege bis zur Urne – turne, turne, turne“, zitiert er Joachim Ringelnatz.