Es beginnt mit einem furchtbaren Erwachen in Zeitlupe: Eine Frau kommt in einer ihr fremden Umgebung zu sich. Sie empfindet Übelkeit, Lähmung und heftige Schmerzen. Es dauert eine ganze Weile, bis ihr dämmert, dass sie mit Klebeband gefesselt ist. Und dann erst bemerkt sie ihre beiden Leidensgenossinnen ...
Quälend detailgetreu beschreibt Markus Elble in seinem neuen Buch mit dem Titel „Ladys Night“, wie es Menschen ergeht, denen heimlich betäubende Substanzen – sogenannte K.-o.-Tropfen – verabreicht wurden. Was dem Autor aus Uttenhofen zunächst einfach als gute Idee für einen Krimi erschien, entpuppte sich im Lauf seiner Recherchen als Fass ohne Boden und ein Thema, über das seiner Auffassung nach viel mehr Frauen deutlich besser informiert sein sollten. Denn seinen Erkenntnissen nach sind es fast nur sie, gegen die sich diese Anschläge richten.
Im Internet begab sich Elble in Foren, „in denen Männer nicht so gern gesehen werden“, da dort Frauen ungestört unter sich sein wollen. Mutig stellte er sein Projekt vor und fand drei von K.-o.-Tropfen-Anschlägen mit darauffolgendem Missbrauch ihrer Person betroffene Frauen im Alter von 19, 26 und 34 Jahren, die sich bereit erklärten, mit ihm über alle Einzelheiten ihrer Erfahrungen zu sprechen. Seine Beschreibungen sind also durchaus aus dem Leben gegriffen. „Die Gefühle einer Frau, die so etwas durchgemacht hat, kann und darf ich mir nicht selbst ausdenken“, sagt der 47-Jährige.
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Bestürzend leicht sei es, die Industriechemikalie Gamma-Butyrolacton (GBL), die von den Tätern verwendet wird, zu beschaffen. Nicht in Deutschland, wo der Verkauf streng reglementiert sei, aber in Polen oder Tschechien könne jedermann das Lösungsmittel problemlos in Halbliter-­Kanistern für 50 Euro das Stück via Internet erwerben.
Drei Milliliter der Flüssigkeit, die – mit einem Getränk vermischt – keinen entlarvenden Eigengeschmack aufweise, würden genügen, um eine erwachsene Person langsam, aber sicher außer Gefecht zu setzen. Wer solches tue, nehme Tötung durch eine versehentlich überhöhte Dosierung billigend in Kauf. Das Risiko hierfür sei groß: „Jeder Täter will ja erreichen, dass sich seine Zielperson gegen sexuelle Übergriffe nicht wehren und ihn später auch nicht identifizieren kann.“
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Autor startet Präventionskampagne

Das Problem werde kleingeredet, da deutschlandweit pro Jahr „nur“ 120 bis 160 Betroffene Anzeige erstatteten. Der Verein „Weißer Ring“, der sich für Kriminalitätsopfer einsetzt und mit dem Markus Elble für sein Buch zusammenarbeitete, schätzt die Zahlen etwa zwanzig Mal so hoch ein. Die extreme Dunkelziffer habe Gründe. „GBL führt zu einem nachhaltigen Filmriss. Man kann sich nicht einmal mehr an die Stunden vor der Einnahme erinnern. Die Droge ist nach zwölf Stunden im Körper nicht mehr nachweisbar. Das Opfer kann also meist keine eindeutigen Beweise erbringen. Zudem fühlen sich viele Frauen typischerweise mitschuldig und wagen nicht, sich ihren Angehörigen oder gar der Polizei anzuvertrauen.“
Aufklärung helfe oftmals nicht: „Zwar wird immer wieder davor gewarnt, in Diskotheken offene Getränke unbeaufsichtigt herumstehen zu lassen, doch denkt man als junger Mensch, der feiern will, ja nicht pausenlos an den schlimmsten Fall.“ Nur den Kopf schütteln kann er über junge Mädchen, die bei Facebook und Co. das „Getropft-werden“ als aufregendes Abenteuer beschreiben, weil sie Glück hatten und die Manipulation folgenlos blieb.
Unter dem Motto „Vorsicht! Geschmacklos“ will der Vater von drei kleinen Töchtern nun eine eigene Präventionskampagne starten. Dafür hat er mit Bloggern, Schulen und Diskotheken-Besitzern Kontakt aufgenommen. Seitens seiner Leser hofft er ebenso auf die Unterstützung seines Anliegens. „Ladys Night“ ist trotzdem keineswegs zu einem Lehrbuch geraten. Die Geschichte bleibt auf 160 Seiten durchweg spannend.

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Elbles erster Krimi ist vor einem Jahr erschienen

Markus Elble veröffentlichte seinen ersten Krimi Anfang 2018 im Eigenverlag. „Unter uns“ befasst sich mit Dorftratsch und seinen bösen Auswirkungen. Für das Folgewerk „Ladys Night“ interessierten sich gleich fünf Verlage. Erschienen ist es nun als Taschenbuch und E-Book im Verlag Bookshouse. Der Titel ist über den Internet-Buchhandel und bei Osiander in Schwäbisch Hall erhältlich. Der 1971 in Stuttgart geborene Autor arbeitet als Mediengestalter und lebt seit 2009 mit seiner Familie im Rosengartener Ortsteil Uttenhofen. cito