Dem Ostalbkreis drohe Altersarmut und das in einem größeren Ausmaß als bislang angenommen. Das befürchtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Rund 45 000 Arbeitnehmer im Ostalbkreis würden – so, wie sie heute arbeiten – nur eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. Und das, wenn sie nach immerhin 45 Berufsjahren in den Ruhestand gingen, teilt die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung weiter mit. Das seien 31 Prozent aller Beschäftigten im Kreis.
Die Schwelle für „Alters-Hartz-IV“ liegt im Ostalbkreis bei aktuell 752 Euro im Monat. Dabei sind insbesondere die Kosten fürs Wohnen berücksichtigt. Dies gehe aus einer Renten-Analyse des Eduard-Pestel-Instituts hervor. Die Wissenschaftler aus Hannover haben dabei für die Gewerkschaft NGG amtliche Statistiken ausgewertet.
Demnach könnte die Zahl armutsgefährdeter Rentner im Ostalbkreis künftig noch deutlich steigen – nämlich dann, wenn die durchschnittliche Rente bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent des Einkommens abfallen sollte. Dann gäbe es mehr als 58 000 Menschen, die nach 45 Beitragsjahren bei einer Rente unterhalb der Grundsicherung landen, so das Pestel-Institut. Karin Brugger, Geschäftsführerin der NGG-Region Ulm-Aalen-Göppingen (kleines Foto), spricht von „alarmierenden Zahlen“. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, müsse später auch von seiner Rente leben können. „Am Ende steht hier das Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge und damit der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel“, sagt Brugger. Die Bundesregierung hat eine Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis lediglich 2025 vereinbart. „Das reicht nicht aus“, ist Brugger sicher. Die Große Koalition müsse das Rentenniveau längerfristig stabilisieren und möglichst anheben.
Zugleich sieht die NGG die Arbeitgeber in der Pflicht. „Klar ist, dass aus Mini-Löhnen keine Spitzen-Renten werden“, betont Brugger. Gerade in Branchen wie dem Gastgewerbe und Bäckerhandwerk müssten im Ostalbkreis viele Beschäftigte im Alter aufstocken. „Dabei haben Hoteliers, Gastronomen und Bäckermeister bei der Bezahlung durchaus Spielraum. Anstatt auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden zu setzen, sollten sie reguläre Vollzeitstellen schaffen – und zwar bezahlt nach Tarif“, fordert die Gewerkschafterin. Viele Beschäftigte hätten zwar das Glück, dass der Partner mehr verdiene und so die Haushaltskasse im Rentenalter aufbessere. Doch häufig sei das Geld selbst dann sehr knapp. Gerade wer einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbescheid“ einstellen.
Frauen seien davon besonders häufig betroffen. Sogar unter Vollzeitbeschäftigten hat nach Berechnungen des Pestel-Instituts aktuell rund jeder Fünfte im Ostalbkreis einen Rentenanspruch von weniger als 1000 Euro monatlich – und das nach 40 Arbeitsjahren.

In Vorsorge investiert

Eine gute tarifliche Altersvorsorge könne zwar dabei helfen, dass im Alter etwas mehr übrig bliebe. „Aber Zusatzrenten sind nicht dafür da, ein immer geringeres Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen“, so Brugger. Ihr Fazit: „Der Staat muss die gesetzliche Rente sichern. Alle Beschäftigten sind auf sie angewiesen. Und die Arbeitgeber müssen bei Löhnen, Arbeitszeiten und Zusatzvorsorge viel mehr tun, damit die Menschen ihren Lebensabend genießen können.“