Unsere Gegend hat laut dem Gutachten einen hohen bis sehr hohen Wert. Warum lässt man sich das kaputt machen?“, entfährt es einer Bürgerin bei der letzten Sitzung des Obersontheimer Gemeinderates. Weiter weist sie auf Details des Gutachtens hin, in dem von „einer teilräumlichen Überlastung des Landschaftsraums“ die Rede ist. „Ich habe das Papier gelesen, auch wenn es sehr klein gedruckt ist“, führt sie weiter aus. „Windgeschwindigkeiten von 5 bis 5,5 Metern pro Sekunde wurden festgestellt. Das ist unter der Förderungsgrenze.“
„Die große Politik hat das so organisiert, da haben wir keinen Einfluss drauf“, rechtfertigt sich Bürgermeister Siegfried Trittner. „Wir haben unsere Vorgabe von der Landesregierung. Was wir machen, ist der Versuch, zu steuern. Wir können Windkraft nicht generell verhindern. Also wollen wir sie auf wenige Flächen konzentrieren.“
Das überzeugt die Gegner nicht. „Wofür hat man Naturschutz, wenn man ihn nicht beachtet?“ Den Bürgern missfalle der Umgang mit der Natur. Laut ihrer Aussage ist das zu bebauende Gebiet dicht von Greifvögeln besiedelt, auch Schwarzstörche sollen gesichtet worden sein.

Empörter Bürger

Auch die finanziellen Hintergründe werfen bei den rund zehn anwesenden Windkraftgegnern Fragen auf. „Sie wissen, dass das subventioniert wird? Das kann durchaus der Profit für den Investor sein!“ Der Schultes entgegnet, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlagen nicht Sorge der Gemeinde sei. „Beim Bau einer Fabrik fragen wir auch nicht nach der Wirtschaftlichkeitsrechnung.“
Einem Bürger brennt die Hutschnur durch: „Ihr stimmt über was ab, wovon ihr keine Ahnung habt und worauf ihr keinen Einfluss habt! Wofür seid ihr überhaupt da?“
„Machen wir weiter bei Tagesordnungspunkt vier“, sagt Siegfried Trittner. Immer wieder versucht der Bürgermeister, die Diskussion zu beenden. Er ist die Streitigkeiten leid, seit 2012 gebe es Debatten um das Thema Wind­räder: „Wir sollten keine Dauerdiskussion über die ständig gleichen Themen führen.“
Die Räte sind auffallend ruhig während der Sitzung. Gemeinderat Gerhard Schacht meldet sich zu Wort. Er plädiert dafür, dem Expertenwissen Vertrauen zu schenken. „Die Gutachter haben viel Erfahrung gesammelt, das sind Leute, die das jahrelang studiert haben. Wir müssen unsere Rolle kennen“, sagt er. Rat Martin Mayer ist zwiegespalten. „Mir wäre es lieber, es gäbe das nicht. Aber ich bin mir sicher, dass das Landratsamt die Windräder genehmigt.“  Im Anschluss erklären die Räte auf Nachfrage, warum die Diskussion so beitragslos verlief. „Seit vier Jahren diskutieren wir das Thema“, so etwa Gemeinderat Helmut Wengert. „Die Leute verstehen nicht, dass wir die Windräder nicht verhindern können.“ Mithilfe einer ausgewiesenen Konzentrationsfläche könne man wenigstens den Ort vorgeben, wo sie entstehen sollen. Damit wolle man verhindern, dass wahllos überall gebaut werden kann. Denn wenn die Gemeinde keine Konzentrationsflächen ausweisen würde, könnten Investoren theoretisch überall bauen, wo kein tatsächlicher Hinderungsgrund bestünde.

Empfehlung ans Landratsamt

So wurde dann auch einstimmig dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durch das Landratsamt zugestimmt. Dieses prüft nun, ob neun weitere Windenergieanlagen im Windpark Kohlenstraße entstehen dürfen. Das Gutachten, das dem Rat vorgestellt wurde, besagt, dass keine immissionsrechtlichen Bedenken vorliegen. Alle gemessenen Schallwerte liegen unter der Grenze. „Unbegründet können wir unsere Zustimmung schwer entziehen“, so Trittner.

Gegner wollen weiterkämpfen

Kontakt mit dem Landratsamt hat auch die Gruppe der Windkraftgegner, mehrere Schreiben hat sie schon an die Behörde geschickt. Argumente sind hauptsächlich der Naturschutz, der in ihren Augen gegen den Bau der neun Wind­räder spricht. In dem Wald zwischen Geifertshofen, Weiler und Winzenweiler seien vielfach bedrohte Vogelarten gesichtet worden. „Die Leute fahren nach Südamerika, um Wale zu beobachten. Der Schwarzstorch ist wesentlich seltener“, so Ernst Stock. Nicht nur vom Einvernehmen der Räte zeigt er sich enttäuscht, sondern auch von der Landesregierung. „Kretschmann hat gesagt, wo der Schwarzstorch gesichtet wird, werden keine Windräder errichtet.“ Die Gruppe will sich weiter gegen den Ausbau an der Kohlenstraße zur Wehr setzen.

Sieben Windräder stehen bereits

Im Windpark Kohlenstraße stehen bereits sieben Windenenergieanlagen. Die Ellwanger Firma Uhl Windkraftprojektierung GmbH & Co KG plant, neun weitere Anlagen mit einer Nabenhöhe von exakt 149 Metern zu errichten. Das Vorhaben muss noch vom Landrats­amt Schwäbisch Hall genehmigt werden. den