Hannover Messe: auf Juli verschoben. „LogiMAT“ in Stuttgart: abgesagt. Für die Interpack in Düsseldorf wird die Entscheidung des Veranstalters für kommende Woche erwartet. Doch wer jetzt denkt, das Coronavirus habe nur Einfluss auf die großen Veranstaltungen im Land, der liegt falsch. Berufsinfotag Waldenburg: abgesagt. Automeilentage Crailsheim: stehen auf der Kippe. Selbst Betriebsversammlungen wie die des Bauunternehmens Leonhard Weiss wurden verschoben. Das Coronavirus hat auch die heimische Wirtschaft längst durcheinandergewirbelt.
Die Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken hat sich vergangene Woche an einer bundesweiten Blitzumfrage zu den Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft beteiligt. 149 Unternehmen aus der Region haben daran teilgenommen. Demnach spüren 58 Prozent der Befragten bereits jetzt Auswirkungen auf ihre Geschäfte. Fast jeder Vierte erwartet für das Jahr einen erheblichen Umsatzrückgang von über zehn Prozent, 25 Prozent gehen davon aus, dass der Umsatz um weniger als zehn Prozent zurückgeht. Die größten Sorgen bereiten den Unternehmen Messeabsagen, Krankheitsausfälle sowie Reiseeinschränkungen.
Die Auswirkungen sind auch im Procter & Gamble-Werk in Crailsheim zu spüren. „Wir nutzen unsere technischen Möglichkeiten und die entsprechenden Kommunikationstools, um Reisetätigkeiten auf das Notwendigste zu beschränken und unsere Termine – auch mit externen Partnern – telefonisch oder ,virtuell’ stattfinden zu lassen“, teilte Personalleiter Uwe van de Loo in einem Schreiben vergangene Woche mit. Das bedeute nun aber gleichzeitig auch, dass die für kommenden Freitag geplante Eröffnungsfeier des neuen Distributionszentrums im Crailsheimer Werk nicht stattfinden könne. „Auch hier gehen vorbeugende Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit vor“, schreibt van de Loo weiter.
Syntegon und Optima reagieren auf Corona
Syntegon Technology in Crailsheim hat Dienstreisen in die offiziellen Risikogebiete laut des Robert-Koch-Instituts, wie zum Beispiel die Provinz Hubei in China oder Südtirol und die Lombardei in Italien, generell ausgesetzt. „Auch außerhalb von Risikogebieten haben wir unsere Mitarbeiter aufgefordert, auf nicht zwingend notwendige Dienstreisen zu verzichten“, teilt Pressesprecher Patrick Löffel mit. Die Nutzung von Flug- und Bahnverkehr bei internationalen Reisen lasse das Unternehmen nur noch in Sonderfällen zu, ergänzt er. Beim Sondermaschinenbauer Optima in Schwäbisch Hall wurde eine unternehmensinterne Taskforce gegründet, die die aktuelle Entwicklung verfolgt und bestehende Maßnahmen anpasst. „So haben wir unseren Mitarbeitern, deren Kinder von der Schließung des Schulzentrums West betroffen sind, umgehend die Möglichkeit gegeben, frei zu nehmen“, sagt Pressesprecher Jan Deininger.
Zudem hat Optima ein Onlineportal für seine Mitarbeiter eingerichtet. Hier werden tagesaktuelle Informationen veröffentlicht. Auch der Veranstaltungskalender des Maschinenbauers wurde durcheinandergewirbelt. Deininger berichtet, dass mehrere Messen abgesagt oder verschoben wurden, an denen Optima als Aussteller teilnehmen wollte. „Auch unsere Teilnahme am Pharma-Kongress in Düsseldorf haben wir nach sorgfältiger Prüfung abgesagt“, erklärt er weiter.
Leistet die Politik Nothilfe für Gastronomen?
Eine Branche, die besonders unter der aktuellen Coronavirus-Krise leidet, ist das Hotel- und Gaststättengewerbe. „Die Absagen zahlreicher Messen, Firmenveranstaltungen und Geschäftsreisen treffen die Tourismusbranche massiv“, berichtet Dehoga-Landesvorsitzender Fritz Engelhardt. Bei einer Umfrage des Verbandes, an der sich 1889 gastgewerbliche Betriebe aus Baden-Württemberg beteiligt haben, meldeten drei Viertel der Unternehmen deutliche Umsatzrückgänge, die im Durchschnitt bei knapp 30 Prozent liegen.
Die Krise sorge nicht nur für zahlreiche Stornierungen bereits gebuchter Übernachtungen und Veranstaltungen, sondern auch für einen heftigen Rückgang bei Neubuchungen, wie Engelhardt erklärt. Diese sind laut Umfrageergebnis um fast 40 Prozent zurückgegangen. Dehoga-Pressesprecher Daniel Ohl sieht eine noch nie dagewesene Notlage für Gastrobetriebe: „Jetzt spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Die Politik muss dringend wirkende Liquiditätshilfen für betroffene Unternehmen zur Verfügung stellen, damit diese die Ausfälle kompensieren und ihre laufenden Kosten decken können.“
50
Prozent der Unternehmen, die an der DIHK-Blitzumfrage teilgenommen haben, wünschen sich unbürokratische und einfache Verfahren, wenn sie Unterstützung beantragen.