Halt! Bitte draußen warten!“ Freundlich, aber bestimmt sorgt Georg Franz Jerger am Eingang für Ordnung. In diesen außergewöhnlichen Tagen bedeutet das: Immer nur ein Kunde darf die Verkaufsräume des Traditionsunternehmens E.J. Reinigungssysteme in Kleinaltdorf betreten. Wer drinnen ist, wird zuerst zum Desinfektionsmittelspender geleitet. „Das ist ja toll, was ihr da macht!“, sagt eine Kundin an diesem Freitagmorgen und blickt auf die Warenauslage. Es ist 9 Uhr, theoretisch startet der Sonderverkauf gerade eben erst, doch an Uhrzeiten halten sich die Leute längst nicht mehr. Es geht ums Eingemachte – um Toilettenpapier.
Normalerweise beliefert die Fachfirma Großunternehmen. Ob Seife, Reinigungsgeräte, Papiertücher oder eben Klopapier: Die Gebinde sind groß, meist nicht für Einzelabnehmer gedacht. Dann kam die Corona-Krise, und auch viele Gaildorfer entschieden sich, das Hygieneprodukt in rauen Mengen zu horten – mit der Folge, dass in den Supermärkten und Drogerien meist nichts mehr da ist. Im Gaildorfer DM steht inzwischen sogar ein Schild im Eingangsbereich, auf dem die Kunden gebeten werden, doch bitte gegenüber dem Personal höflich zu bleiben – es könne schließlich nichts für die Warenknappheit. So ruft das Virus erste Symptome hervor: Kopfschütteln über so manchen Zeitgenossen.
Am Donnerstag ist der Sonderverkauf in Kleinaltdorf gestartet. Die Firma wollte einen Beitrag zur Versorgung der Menschen leisten, inserierte in der Zeitung – und hatte ab 7.30 Uhr die ersten Kunden vor der Tür stehen. „Wir haben dann natürlich aufgemacht“, erzählt Steffen Wahl, wie Jerger ein Geschäftsführer des Unternehmens. Etwa vier Paletten Klopapier haben die Leute am ersten Tag weggekauft. Selbst aus Stuttgart und Böblingen sind sie dafür nach Kleinaltdorf gefahren. Auf einer Palette sind 24 Pack à 72 Rollen. Macht also rund 7000 Rollen. Zwei Paletten Küchentücher sind auch noch weggekommen. Das dreilagige  Klopapier ist nun erst kommende Woche wieder lieferbar, am Freitag gibt’s daher zweilagiges – das jedoch qualitativ hochwertig sei, sogar Klinikstandard erfülle, wie Jerger seiner Kundschaft erklärt. Pack um Pack wechselt den Besitzer, ein Mitarbeiter holt ständig Nachschub aus dem Lager.

Zwiespältiges Gefühl bei den Geschäftsführern

Und wenn das leer ist? „Wir haben Lieferanten, die auch in Deutschland produzieren“, erklärt Wahl. „Da kommt der Nachschub noch. Im Allgemeinen sind die Lieferketten inzwischen schon gestört. Aber noch können wir uns arrangieren.“
Bei den Geschäftsführern ruft das, was da gerade passiert, ein zwiespältiges Gefühl hervor: Auf der einen Seite sind die Absatzzahlen für ihre Produkte hoch, nicht nur im Einzelverkauf, sondern auch bei den Großabnehmern. Alle paar Minuten klingelt ein Telefon, will jemand Desinfektionsmittel bestellen. Das Geschäft brummt.
Doch auf der anderen Seite geht es um ein Virus, das der Gesellschaft schon bald großen Schaden zufügen könnte, gesundheitlich wie wirtschaftlich. Auch bei E.J. Reinigungssysteme sind die Mitarbeiter angehalten, auf neue Hygienestandards zu achten, Abstand zu halten, Handschuhe zu tragen. Noch sind alle gesund, freut sich Steffen Wahl – und hofft, dass das so bleibt.