In welchem Semester kommen die Studierenden in der Regel auf Sie zu? Ab wann macht eine Berufsberatung Sinn?

Anke Speer: Da es bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, wie es die Hochschule Heilbronn ist, ein verpflichtendes, integriertes Praxissemester gibt, beginnt die Berufsorientierung spätestens zu diesem Zeitpunkt. Das Praxissemester findet in der Regel im fünften Semester statt. Durch die Auswahl einer Praktikumsstelle setzen sich die Studierenden auch mit der Frage auseinander, welche berufliche Tätigkeit sie später ausüben wollen. Deshalb ist das Praxissemester für unsere Studierenden oft die erste Initialzündung zur konkreten Berufsorientierung. Eine erste Beratung macht sicherlich im Semester zuvor Sinn, auch um in das Thema „Bewerbungsprozess“ einzusteigen.

Wie können Sie als Koordinatorin im Career Service die Studierenden bei diesem Prozess unterstützen?

Anke Speer: Wir bieten eine Online-Veranstaltungsreihe rund um das Thema Berufsorientierung an. Darin geht es um die Themen Bewerbung, Berufseinstieg und vieles mehr. Außerdem können die Studierenden auch unsere Beratungsangebote nutzen. Da durch das Praxissemester, Werkstudententätigkeiten oder Praktika die Berufsvorstellungen oftmals schon klarer definiert sind, geht es in unseren Beratungsgesprächen um Unterstützung im Bewerbungsprozess. In einem Vieraugengespräch sehen wir gemeinsam die Bewerbungsunterlagen durch und optimieren diese. Auch mögliche Auswahlszenarien wie Assessment-Center oder Bewerbertage sowie der Auftritt in einem möglichen Vorstellungsgespräch werden angesprochen. Außerdem geht es in unseren Beratungen auch um Stellenausschreibungen.
Die Studierenden bringen Stellenangebote mit, die sie für interessant halten. Wir schauen uns dann konkret an, was dahinter steckt und wie sie herausfinden können, ob dieses Angebot auch zu ihren Vorstellungen passt.

Wie geht man denn beim Thema „Stellenausschreibungen lesen und deuten“ genau vor?

Anke Speer: Ich würde empfehlen, sich die wichtigsten Keywords zu markieren– sowohl bei der Beschreibung der Tätigkeiten als auch bei den geforderten Qualifikationen. So kann man schnell und einfach herausarbeiten, ob die Inhalte zu einem passen oder nicht.

Wie konkret sind die Vorstellungen der Studierenden?

Anke Speer: Viele haben durchaus konkrete Vorstellungen, dazu zählen manchmal auch bestimmte Wunsch-Arbeitgeber. In den Beratungsgesprächen sehen wir uns aber absichtlich mehrere Angebote an und gehen die Bewerbung an einem Beispiel durch. Mir ist es wichtig, dass die Studierenden nicht mit einer perfekten Bewerbungsunterlage aus der Beratung rausgehen, sondern dass sie das Prinzip verstanden haben. Ich empfehle auch immer, sich auf mehrere Stellen zu bewerben. Mit jeder neuen Bewerbung sammelt man neue Erfahrungen und je öfter man diesen Prozess durchlaufen hat, desto sicherer wird man.
Dasselbe gilt im Übrigen für Praxiserfahrungen: Man sollte so viel wie möglich ausprobieren. Nur so erkennt man, welche Tätigkeiten einem gefallen und welche nicht – und auch das ist enorm wichtig für die Berufsorientierung.

Wann macht es für einen Studierenden Sinn, sich auf einen Job zu bewerben?

Anke Speer: Eine gewisse Vorlaufzeit ist definitiv empfehlenswert. Ich würde etwa ein halbes Jahr vor dem Abschluss mit dem Bewerben beginnen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren im Bewerbungsprozess verändert?

Anke Speer: Einiges. Es ist noch nicht so lange her, da hat man Bewerbungen noch in ausgedruckter Form in Mappen abgegeben. Mittlerweile hat fast jedes Unternehmen ein eigenes Online-Bewerberportal, wo man seine Dokumente hochladen kann. Selbst das Verschicken von Unterlagen per Mail ist kaum noch üblich. Daneben kommt es häufig vor, dass die Studierenden den Unternehmen, bei denen sie ihr Praxissemester absolviert haben, treu bleiben. Dadurch hat sich der Auswahl- und Bewerbungsprozess nach vorne verlagert. Zudem werden dabei immer mehr technische Hilfsmittel eingesetzt, der Auswahlprozess in den Unternehmen läuft oft automatisiert ab. Eine Software scannt vorab die Bewerbungsunterlagen und sucht nach bestimmten Keywörtern. Das können fachliche Anforderungen oder Praxiserfahrungen sein. Werden diese nicht gefunden, hat der Bewerber oftmals keine Chance, eingeladen zu werden.
Weitere Berufsportäts, Geschichten von echten Machern und zahlreiche Informationen rund um Ausbildung und Studium bei uns in der Region gibt es im Magazin „Next Step“.