Geht die Neuordnung des Sendener Nordens am kommenden Mittwoch vor Gericht? Oder biegt der Bauausschuss des Stadtrats am Dienstag im letzten Moment die anberaumte Verhandlung vor der vierten Verwaltungskammer in Augsburg ab? Diese beiden Szenarien bieten sich derzeit dar. Alles dreht sich dabei um die künftige Nutzung des ehemaligen Premio-Reifenhandels am nördlichen Ende des Handelsgebiets.
An diesem Gebäude kristallisiert sich heraus, dass der Kampf gegen noch mehr großflächigen Einzelhandel und den damit verknüpften Kampf für eine belebte Innenstadt in Senden nicht geräuschlos ablaufen kann. Dass die gestartete, langwierige Neufassung der jahrzehntealten Bebauungspläne diesen Eigentümer ausbremst. Schon Anfang 2016 hatte der gebürtige Neu-Ulmer um die Genehmigung gebeten, seine Immobilie anders nutzen zu dürfen – für den Verkauf so einigem: Schuh- und Lederwaren schlug er vor, Textilien, Tierbedarf, Hartwaren. Doch die Stadträte lehnten auf Vorschlag der Verwaltung ab: Erst das Einzelhandelskonzept und die Bebauungspläne, dann eine Entscheidung.
Diese Linie gelte so nicht mehr, sagt Stadtbaumeisterin Manuela Huber. Da das Einzelhandelskonzept inzwischen vorliegt, könne entschieden werden, ohne bis 2018 auf die Bebauungspläne zu warten. Aus den neu erarbeiteten Sortimentlisten im Einzelhandelskonzept gehe hervor, dass Schuhe und Lederwaren nicht als innenstadtrelevant gelten – mehrere Geschäfte im Sendener Norden halten diese Waren schon auf zigtausenden Quadratmetern vor, ein Schuhladen mehr mache da keinen Unterschied. Die Beschlussempfehlung an den Bauausschuss am Dienstag lautet also: pro Schuhe. Das Gebäude hat rund 1300 Quadratmeter.

Klagegrund weggefallen

Damit hätte sich dann eigentlich auch die Klage erledigt, meint Huber. Die auf ein Jahr befristete Zurückstellung der Bauvoranfrage sei obendrein abgelaufen, eine Verlängerung nicht geplant. Der Immobilien-Eigentümer war telefonisch nicht erreichbar. Er könnte die Klage jederzeit zurückziehen, sagt das Gericht.
Die Entscheidung in Sachen Premio zeigt, wie es jetzt im Sendener Norden läuft, wie die Sortimentliste als Sortierinstrument dient. Dennoch muss jeder Fall gesondert betrachtet werden. Das wird man vor allem in der Zentrale der Discounter-Kette Lidl nicht gerne hören. Die Sendener Filiale ist auch von einer Zurückstellung betroffen, die Frist läuft noch. Das Gebäude soll am bestehenden Standort neu gebaut werden, um gut 300 auf 1500 Quadratmeter vergrößert.
Auch Lidl ist vor Gericht gezogen, ein Ortstermin hat stattgefunden, einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. Lidl, sagt Stadtbaumeisterin Huber, sei ein anderer Fall. Die Discounter führten immer mehr Waren, die besser in der Innenstadt angeboten werden sollten. „Es geht hier um die Frage der Nahversorgung.“ Eine „moderate Entwicklung“ indes wollte man Lidl nicht verwehren. „Die Frage ist, wie weit das geht“
Darauf will auch Aldi eine Antwort: Die Filiale im Sendener Norden soll ebenfalls um 251  Quadratmeter vergrößert werden, die Zurückstellung läuft.

Im Iller-Center ist so ziemlich alles möglich

Sonderfall Kein zusätzlicher großflächiger Einzelhandel im Sendener Norden? Dem einen oder anderen wird bei dieser Ansage der laufende Ausbau des Iller-Centers einfallen. Ja, stimmt, dort darf umgebaut und auch bisschen erweitert werden. Grund dafür ist, dass das Iller-Center und angrenzende Immoblien, wie der Müller-Bau oder Baby One in einem Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel liegen – die Premio-Immobilie, Lidl und Aldi aber in einem gewöhnlichen Gewerbegebiet, in dem Einzelhandel eigentlich nicht in großem Ausmaß zulässig ist. So können im Iller-Center auch innenstadtrelevante Sortimente angesiedelt werden. Für einen Rewe-Supermarkt unter dem Parkdeck gab es schon grünes Licht – letztlich kassierte der Handelskonzern die Pläne aber ohne Angaben von Gründen.