Rund 150 hauptsächlich geladene Teilnehmer gingen bei der diesjährigen Waldbegehung der Stadt Sachsenheim mit dem Revierförster Theo Wöhr auf Expedition durch den Sachenheimer Wald. „Der Wald im Klimawandel“ lautete das Thema der etwa zweistündigen Tour vom Wanderparkplatz Baiselsberg zwischen Hohenhaslach und Ochsenbach über fünf Stationen bis zum Endpunkt an der Baiselsberghütte.
Für Bürgermeister Holger Albrich war die Veranstaltung eine spezielle Art der „Fridays for Future“, bei denen am vergangenen Freitag weltweit Millionen Menschen auf die Straße gegangen waren. Jagdpächter, Holzkunden und Firmenkunden zeigten großes Interesse an dem, was sich gerade im 1250 Hektar großen Forstrevier Kirbachtal tut. Sie versuchten, während der Wanderung immer wieder, die für Sachsenheim zuständigen Förster Theo Wöhr und Burkhard Böer oder die Leiterin des Fachbereichs Forsten des Landratsamts Ludwigsburg, Gundula Gmelin, zu erwischen, um zwischendurch spezielle Fragen zu stellen.
Viele Privatleute wollen ihr Brennholz im Wald selber machen. Sie bekommen dieses dann von Forstwirtschaftsmeister Peter Wolß oder Forstwirt Michael Weißschuh zurechtgelegt und dürfen mit der Säge ran. Während Theo Wöhr ein Mikrofon brauchte, damit die Zuhörer auch verstehen, was er erklärt, schritten Wolß und Weißschuh zu einer Art Work-Show mit den Aku-Sägen vor Ort.
Der Klimawandel, für 40 Prozent der Bevölkerung gerade wichtiger als das Thema Arbeitsplatz, macht sich auch im Sachsenheimer Wald durch Trockenheit und Wärme bemerkbar. 2015 bis 2018, informierte Theo Wöhr, waren die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Aktuelle Daten bezieht das Sachsenheimer Forstamt übrigens auch aus der privaten Wetterststation von Gottfried Dupper aus Häfnerhaslach.
Wöhrs Tenor aus den bisherigen Untersuchungen über Sturmschäden und Borkenkäfer: „Die Fichte hat bei uns keine Zukunft.“ Wer vor 150 bis 200 Jahren Eichen gepflanzt bekommen hat, sollte das auch für seine Kinder und Enkel tun: Mit den Eichen sieht der Förster den Sachsenheimer Wald gut aufgestellt, wie er auf einer Versuchsfläche erklärte. In Töpfen standen da eine korsische Schwarzkiefer, eine Baumhasel, eine Atlaszeder, eine Elsbeere, eine Douglasie und die gute, alte Eiche. Theo Wöhr zeigte sich „froh“ über 40 Prozent Eichenanteil im Sachsenheimer Stadtwald. Die Förster setzen aber auch auf andere Baumarten, welche die Wärme lieben und in trockeneren Gefilden gut zurechtkommen.
In dem Versuchsgebiet, einem Sturmloch, machen die Förster bis zum Frühjahr erst einmal gar nichts. Denn dort wachsen schon wieder zahlreiche kleine Eichen ganz von alleine aus dem Boden. Generell gilt es, die Baumarten außer den Fichten Zug um Zug zu fördern. Am Ende seiner Dienstzeit, sagte Theo Wöhr, wolle er mit dem Fichtenbestand unter 50 Prozent sein. „Breit aufstellen zur Risikominimierung“ heißt die Maxime der Sachsenheimer in Sachen Aufforstung. Neben der Fichte, so Wöhr, leide auch die Rotbuche sehr unter dem Klimawandel, sichtbar an kaum mehr grünen Blättern in den Kronen, erklärte er am Hummelbergweg, wo es einen 25-prozentigen Buchenanteil gibt. Dass Buchen einfach umfallen, könnte „ruckzuck“ gehen, wie sich problematischer Weise auch am Straßenrand zeige. Im Wald freue sich der Specht darüber, denn für ihn gebe es „richtig viel zum Hacken“.
„Hier kommt ein Zaun hin“, stand 2017 im Plan des Försters für den Ameisenrain, wo der Rehverbiss an den Traubeneichen zu stark war. „Das ist aber unfair“, reagierten die beiden Jagdpächter. Sie jagten verstärkt Rehe, wovon die Eiche, an der bis zu 1000 verschiedene Arten leben können, profitierte. Einige der Eichen im Ameisenrain sollen bis zu ihrem Lebensende bleiben.
Ein kleines Ratequiz hatten die Veranstalter der Waldbegehung an der letzten Station vor der Baiselsberghütte für die Teilnehmer parat. Es ging um Eichensämlinge, von denen im Moment auf einem Quadratmeter 80 Stück und auf einem Hektar 800 000 Stück ausschlagen. „Wir pflanzen 5000 Eichen, und die Natur beschert uns 800 000“, sprach der Förster im Sinne der Nachhaltigkeit, die unter Förstern schon lange vor ihrer Medienwirksamkeit ein großer Begriff gewesen sei.
Warum ist die Begehung nicht öffentlich?
Dass die Waldbegehung in Sachsenheim nur einem begrenzten Publikum zugänglich ist, liegt laut Stadtverwaltung vor allem an einem ansonsten drohenden „Kapazitäts-Problem“. Früher war der Termin öffentlich, die Nachfrage sei aber nicht mehr zu bewältigen gewesen. Würde die Stadt alle Bürger einladen, so Sprecherin Nicole Raichle, müsste sie mehrere Termine anbieten. Das zöge Personalkosten nach sich. Ob der neue Bürgermeister Holger Albrich an der jetzigen Regelung etwas ändern möchte, sei bisher „kein Thema“ gewesen. msc