Wenn sich Helmuth Amon auf seiner Yamaha BT 1100 Bulldog den Fahrtwind um die Nase wehen lässt, packt ihn ein Gefühl der Freiheit, das ihn alle Sorgen des Alltags vergessen lässt. Auch mit seinen 70 Jahren hat für den Großsachsenheimer der Fahrspaß auf seinem Motorrad nichts von seiner Faszination verloren. „In jungem Alter mit 20 Jahren habe ich schon den Motorrad-Führerschein gemacht, bin damals aber nur knapp vier Jahre gefahren. Anschließend musste ich beruflich sehr lange ins Ausland und habe mein Motorrad komplett aufgegeben. Erst 2008 mit 59 Jahren habe ich wieder begonnen, mit dem Bike zu fahren“, erzählt Amon, der damit zu den sogenannten „Silver Cruisern“ zählt, die in Deutschland immer mehr Anhänger finden. Erst mit Eintritt ins Rentenalter, wenn die nötige Zeit, aber auch das notwendige Geld für das Hobby auf zwei Rädern vorhanden ist, entdecken immer mehr Menschen der Generation 60plus das Motorrad neu für sich.
Halbes Jahr gesucht
„Für mich war immer klar, dass ich mir, wenn ich einmal im Ruhestand bin, wieder ein Motorrad zulegen werde. Rund ein halbes Jahr habe ich nach einer passenden Maschine gesucht. Ich wollte kein Modell unter 1000 Kubik und eines mit Kardanantrieb. Mit meiner Yamaha bin ich sehr zufrieden, auch wenn sie leer ein stattliches Gewicht von 250 Kilogramm auf die Waage bringt“, erklärt der Großsachsenheimer Bikerfreund, der seit 2009 auch Mitglied bei den Motoradfreunden in Hohenhaslach ist und mit einer kleinen Gruppe jüngst sogar in Indien auf seinem Motorrad unterwegs war.
8000 bis 10 000 Kilometer legt er pro Jahr mit seinem Bike zurück. Amon fährt dabei gerne in der näheren Umgebung wie den Löwensteiner Bergen, im Kraichgau oder dem Schwarzwald, aber auch auf die bekannten Passstraßen in den Alpen wie das Stilfser Joch. „Mehrtägige Touren fahre ich sehr gerne, aber immer mit Freunden zusammen. Ich bin heute nicht mehr so rasant und riskant unterwegs wie früher. Es zählt nicht mehr allein die Geschwindigkeit. Mit dem Alter wird der Fahrstil natürlich vorsichtiger“, betont der 70-Jährige.
Seine Frau Erika hat ihren Gatten nicht als Motorradfahrer kennen gelernt und teilt seine Freude am Fahrvergnügen mit dem Bike nicht. Trotzdem hat sie nichts gegen sein Hobby und die Investition in seine Maschine, die im Bereich eines Kleinwagens lag. „Zum Einkaufen fahren wir gemeinsam meist mit dem Fahrrad und natürlich haben wir auch noch ein Auto, obwohl der Spaß auf dem Motorrad mit dem Fahrgefühl in einem Auto nicht zu vergleichen ist. Ich bin ehrenamtlich tätig und nutze für die Fahrten zu meinem Einsatzort auch das Motorrad, aber sonst meist nur für meine Touren und Ausfahrten mit den Motorradfreunden“, schildert Amon.
Wunschmaschine BMW
Zwar ist er mit seinem derzeitigen Bike rundum glücklich, aber heimlich träumt er noch von einer BMW, die seine absolute Wunschmaschine wäre. „Damit würde ich gerne die skandinavischen Länder wie Norwegen oder Schweden bereisen. Die USA oder andere ferne Länder reizen mich dagegen nicht, da ich beruflich weit herumgekommen bin“, erklärt der gelernte Elektro-Techniker, der bei einem großen weltweit agierenden Unternehmen beschäftigt war.
Helmuth Amon fährt das ganze Jahr auf seinem Motorrad und nicht nur in der warmen Jahreszeit. „Sobald die Quecksilbersäule nicht unter 6 bis 7 Grad Celsius fällt, kann mich niemand davon abhalten, auf mein Bike zu steigen. Obwohl die Verkehrsdichte im Vergleich zu meinen Anfangszeiten auf dem Motorrad enorm zugenommen hat, und ich beim Fahren große Vorsicht walten lasse, kann ich dennoch so herrlich entspannen und einfach diese Freiheit auf zwei Rädern genießen“, schwärmt der Großsachsenheimer Zweiradfreund.
Reger Austausch
Von den jüngeren Fahrern in seinem Verein wird er dabei keineswegs aufgrund seines fortgeschrittenen Alters gering geschätzt. „Bei den Motorradfreunden pflegen wir querbeet durch alle Altersschichten einen regen Erfahrungsaustausch“, sagt Amon. Die Reparaturen und Instandhaltungen an seinem Motorrad überlässt er auch einem Vereinskollegen, denn er selbst bezeichnet sich nicht als „Schrauber“ an seiner Maschine. „Da vertraue ich auf das Können anderer und konzentriere mich lieber auf mein Fahrvergnügen“, so Amon.
Er will mit seinem Bike noch möglichst lange unterwegs sein. „Aber wenn ich merke, dass ich unsicher beim Fahren werde oder mich andere darauf sogar aufmerksam machen, dann ist endgültig Schluss, und ich hänge den Motorradhelm an den Nagel“, unterstreicht der 70-Jährige.