Die Stimmung in der Auricher Kelter ist am Dienstagabend am Anfang explosiv. Auf dem Podium der Ortschafsrat mit Ortsvorsteherin Helga Eberle, Matthias Volk, Leiter des Ordnungs- und Sozialamtes der Stadt und Rebecca Ogunwede, der Flüchtlingsbeauftragten der Stadt. Im Saal mehr als 150 Bürger. Grund für den großen Andrang bei der Sitzung des Ortschaftsrats ist die Entscheidung der Stadt, 25 bis 30 Plätze für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in der Dieselstraße zu schaffen.
Die mehr als zweistündige Bürgerfragestunde startet mit Buh-Rufen, Roten Karten, die von Vertretern der Bürgerinitiative gegen die Unterbringung von Flüchtlingen ohne ausreichende Infrastruktur in Aurich (Bufa) gezeigt werden, und einer genervten Ortsvorsteherin. Erst nach und nach wird es sachlich. Die Vorwürfe gegen Stadt und Ortsvorsteherin sind bereits im Vorfeld in einem Flyer formuliert worden. Zwölf Fragen sind an diesem Abend in einem Papier der Bufa aufgelistet. Eine Information, dass Flüchtlinge nach Aurich kommen, sei komplett unterlassen worden. „War das von den Verantwortlichen so gewollt?“, lautet daher eine der Fragen.
„Wir haben Angst, dass es zu Unruhen und Belästigungen kommt“, sagt ein Sprecher der Bufa. Es seien vollendete Tatsachen geschaffen worden und die Gefahr sei da, dass eine Busladung junger Männer nach Aurich komme. In diesem Jahr muss Vaihingen noch 160 Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung aufnehmen. Vor vier Wochen sei der Mietvertrag für das Objekt in der Dieselstraße unterschrieben worden – und erst dann sei auch Ortsvorsteherin Helga Eberle und der Ortschaftsrat informiert worden. Volk erklärt: „Wir schließen erst die Mietverträge ab und gehen dann an die Öffentlichkeit. Es sind schon genügend Vermieter abgesprungen.“
Ortsvorsteherin Eberle räumt ein: „Ich teile die Bedenken, wenn 25 junge Männer kommen. Aber wir sind bemüht, in der Dieselstraße Familien unterzubringen.“ Das bestätigt auch der Ordnungsamtschef: „Die Räumlichkeiten sind so aufgebaut, dass sie für Familien geeignet sind.“ Er gebe seine Zusage, dass geschaut wird, dass Familien kommen. „Wir haben das bisher immer hinbekommen.“ Das Quartier in der Dieselstraße werde, so die Flüchtlingsbeauftragte Ogunwede, zudem nach und nach belegt. „Wir bekommen aber frühestens zwei Wochen zuvor Bescheid vom Landratsamt Ludwigsburg, wer jetzt kommt.“
Cornelia Geidel vom AK Flüchtlinge Aurich, macht in der Kelter Werbung für mehr Helfer. Anfangs habe der Arbeitskreis 30 Ehrenamtliche umfasst. Da aber derzeit nur eine Familie zu betreuen ist, sei der Kreis kleiner geworden. Oliver Ebner, der die Patenschaft für die in Aurich lebende syrische Familie übernommen hat, sagt: „Die Aufgeregtheit jetzt hat ihre Berechtigung, aber wir sollten probieren, mehr Menschlichkeit walten zu lassen.“ Zugesichert wird, dass es in Aurich keine weiteren Bauten für Flüchtlinge geben soll. Volk: „Für dieses Jahr kriegen wir die Leute unter.“ Zufriedenstellen konnten die Antworten, so ein Bufa-Sprecher auf BZ-Nachfrage, viele Zuhörer nicht: „Die Bedenken sind weiterhin da.“