Manche Besucher folgen tatsächlich der grünen Wegmarkierung von der Eingangstür. Die knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Quadrate führen sie direkt zu einem kleinen Desinfektionsmittel-Spender. Die Orthopädische Klinik in Markgröningen hat die Wegmarkierung neu auf dem Boden angebracht, ebenso wie alle Krankenhäuser, die zur Regionalen Klinken Holding (RKH) gehören: und das sind nicht nur alle im Landkreis wie das Haus in Bietigheim-Bissingen oder in Ludwigsburg, sondern auch Kliniken im Landkreis Karlsruhe oder im Enzkreis. Die grünen Quadrate sollen nicht in erster Linie den Fußboden verschönern, sondern auf ein ernstes Problem hinweisen: die Hygiene.
Mit den Bodenaufklebern beteiligen sich die RKH-Kliniken an der Aktion „Keine Keime“ der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft. Nun ist der Name der Aktion selbstverständlich ziemlicher Murks, denn, um es mit Sabine Gfrörer, der Hygiene-Managerin für die Krankenhäuser der Holding zu sagen: „Es gibt Keime, die wir sehr wohl brauchen.“ Keime, die Schnupfen auslösen oder Staphylokokken, von denen einem schlecht wird, gehören sicher nicht dazu. Denn Patienten eines Krankenhauses sind besonders anfällig für gefährliche Keime: das betrifft vor allem Senioren, Säuglinge, aber auch Krebspatienten. Die Herausforderung wird schon deshalb immer drängender, weil es mittlerweile mehr alte Patienten gibt und weil Krebspatienten von heute ihre Krankheit  häufig länger überleben, als sie das noch vor Jahrzehnten hätten können. Dennoch versichert Gfrörer: „In den vier Jahren, in denen ich in der Holding arbeite, wüsste ich nicht von einem einzigen Patienten, der in den Häusern der Holding an den von vielen Patienten gefürchteten multiresistenten Keimen verstorben ist.“

Besser in den Ellbogen niesen

Indem die Aktion auf die Hände zielt, geht es an einen Körperbereich, über den 95 Prozent der Infektionen übertragen werden. Diese Zahl nennt die Ärztin und Hygiene-Expertin Gfrörer. Ein Grund liege schon allein darin, dass viele in die Hände niesen würden, und nicht in den Ellbogen. „Dass Hygiene und Händewaschen wichtig ist, wissen viele, allerdings muss man es dennoch besser in die Köpfe bringen“,sagt Olaf Sporys, der Regionaldirektor der Holding.
In der Handwaschsäule in den Kliniken ist keine haushaltsübliche Seife, sondern Desinfektionsmittel, das bedeutet: eine alkoholische Mischung, die so zusammengestellt ist, dass sie unter anderem auch die Noroviren killt, die eine Magen-Darm-Grippe übertragen können – und die bald wieder in besonderer Häufung und Wirksamkeit erwartet werden. Damit die Haut nicht austrocknet, sind „rückfettende“ Bestandteile mit drin. Man könnte sich theoretisch auch 20 Mal die Hände waschen.
Gfrörer leitet einen Stab mit etwa 15 Mitarbeitern, der sich dafür einsetzt, die Hygiene in den Krankenhäusern der Holding zu verbessern. Das bedeutet: Pfleger und Ärzte werden geschult, es wurde eine Gruppe eingerichtet, die daran arbeitet, dass der Patient das  richtige Antibiotikum erhält. Und: Auch Krankenhäuser aus dem Landkreis nehmen teil an bundesweiten Vergleichen zur Güte ihrer Hygiene-Werte.

Anonyme Tests des Personals

Anonyme Tests führen sie ebenfalls durch, wie Regionaldirektor Olaf Sporys sagt. Dabei werden in den Krankenhäusern die Ärzte und Pfleger zum Beispiel beobachtet, ob sie sich auch brav die Hände waschen, nachdem sie einen Patienten behandelt haben. „Es geht bei den Kontrollen nicht darum, jemanden zu bestrafen“, sagt Sporys. „Es geht lediglich darum, das Bewusstsein aufrecht zu erhalten.“ Früher, sagt Sporys, habe man darauf vertraut, dass etwas einmal gelernt wurde und dann für immer verinnerlicht ist. Mittlerweile weiß man, dass manche Dinge gern mal zumindest zwischendurch vergessen werden. Hygiene, sagt Sporys, habe man selbstverständlich schon immer in Krankenhäusern ernstgenommen. Vielfach habe man stärker versucht, vor allem über moderne Technik Infektionen vorzubeugen, etwa im OP-Saal. „Heute wissen wir: Diese Dinge sind gar nicht so wichtig, wenn die Basis-Hygiene noch besser aufrecht erhalten wird“, sagt Sporys.