Trunks räkelt sich genüsslich auf dem Sofa. Er wälzt sich auf dem Rücken, streckt die Vorderbeine bis in die Pfotenspitzen und schaut hinauf zu der Wand, an der seine achtteilige Turnier-Schleifensammlung in der kompletten Pastellfarbpalette hängt. Gleich daneben, auf Hochglanz poliert, stehen ordentlich im Regal aneinandergereiht fünf Pokale. Sie alle hat „Great Gentleman vom Ilbesberg“, wie Trunks laut Stammbaum heißt, bei Hundeausstellungen in ganz Deutschland gewonnen – und das, obwohl er gerade mal 14 Monate alt ist.
Selbst Alpen-Sieger wurde er schon
Jugendchampion VDH, Jugendchampion DCBT, Jugendsieger Baden-Württemberg 2019, Jugendsieger Karlsruhe 2019 und Alpen-Jugendsieger – das sind nur seine größten Erfolge. An einem einzigen Tag wurde er in Paaren/Glien bei Berlin bei einer Ausstellung Erster in der Jugendklasse, bester Junghund und bester Hund seiner Rasse, wobei er auch sämtliche erwachsenen Kollegen aus dem Rennen geworfen hat. Trunks ist ein Titelsammler wie er im Buche steht. Allerdings ist er auch ein Stafffordshire Bullterrier, eine Rasse, die in Baden-Württemberg als Kampfhund der Kategorie 2 eingestuft wird. Das bedeutet, dass die Tiere potenziell gefährlich sein können, aber, so sie nicht verhaltensauffällig werden, keinen Maulkorb und keinen Wesenstest brauchen.
Konsequente Erziehung ist extrem wichtig
Vom Maulkorb ist der verspielte Trunks weit entfernt. Von gutem Benehmen allerdings auch. Der tiefschwarze Bullterrier ist mit seinen 14 Monaten mitten in der prallen Pubertät angekommen, die bei Hunden nicht sehr viel anders verläuft, als bei Menschen. Alles, was sie jemals gelernt haben, ist so gut wie vergessen. Grenzen austesten und Anweisungen ignorieren ist angesagt. Weshalb Trunks gleich mehrfach versucht, die Besucherin, die gerade das Wohnzimmer betreten hat, freudig zu begrüßen. Darf er aber nicht. „Great Gentleman“ muss lernen, Ruhe zu bewahren und auf dem Sofa zu warten, bis er gerufen wird. „Gerade bei seiner Rasse ist eine konsequente, aber liebevolle Erziehung extrem wichtig“, sagt sein Frauchen, die 25-jährige Reutlingerin Tamara Ester – wohl wissend, dass die sogenannten Listenhunde von vielen Leuten misstrauisch beäugt werden und die Besitzer eine enorme Verantwortung tragen. Deshalb fahren Ester und ihr Partner mit dem Rüden auch Samstag für Samstag ins mehr als 100 Kilometer entfernte Wiesloch, wo eine Hundeschule ist, bei der man sich mit der Ausbildung von Bullterriern bestens auskennt.
Früher hatte sein Herrchen panische Angst vor Hunden
Dass Trunks in den vergangenen fünf Monaten trotz seines Pubertätsschubs bei den Hundeausstellungen derart abgeräumt hat, ist nicht nur seinem wachen Blick, dem tiefschwarz glänzenden Fell und seinem Gangwerk, das er zuverlässig perfekt präsentiert, zu verdanken, sondern auch der Kombination aus einem entscheidungsfreudigen Frauchen und einem sportlich-ehrgeizigen Herrchen. Denn ohne Tamara Ester wäre „Great Gentleman“ erst gar nicht bei ihr und ihrem Partner gelandet. „Für mich war klar: Wenn wir mit unserer Tochter in ein Haus mit Garten ziehen, dann holen wir uns einen Hund“, sagt sie. Gesagt, getan. Dass es ausgerechnet ein Staffordshire Bullterrier wurde, liegt daran, dass die 25-Jährige ein Fan des Phänotyps der Rasse ist. Der breite Kopf, der massige Körper – das Erscheinungsbild hat es ihr einfach angetan. Dass ihr Partner Roland Piasecki, ein Schrank von einem Kerl, der früher Bodybuilder und Fußballer war, zu dem Zeitpunkt noch „panische Angst vor Hunden“ hatte, war kein Thema mehr, als der Welpe ins Haus kam. Und als die beiden Reutlinger zum ersten Mal eine Hundeausstellung besucht haben, bei der Trunks’ Vater zu sehen war, ist in Piasecki der Ehrgeiz erwacht. „Das schaffen wir auch“, hat er sich gedacht und mit Trunks angefangen zu üben, zu üben und zu üben. In allen nur erdenklichen Situationen muss der Junghund ein korrektes „Steh“ abliefern, und auch den Blick und den Gang hat der 27-Jährige mit dem Rüden trainiert. Das Resultat: Bei den großen Ausstellungen mit teils 7000 Hunden hat der kleine, noch 17 Kilo leichte Bullterrier die Ruhe weg. Entspannt liegt er in seiner Box und wartet. Die Präsentation klappt auf Abruf und die Zähne lässt sich der Bullterrier von den wildfremden Preisrichtern ohne mit der Lefze zu zucken, kontrollieren. Trunks, ist sein Herrchen überzeugt, hat mächtig Spaß an der Arbeit. „Ja, er verfällt richtiggehend in einen Wettbewerbsmodus“. Weshalb Tamara Ester und Roland Piasecki auch weiter machen wollen mit den Ausstellungen. Sie möchten noch mehr Pokale sammeln und zeigen, dass auch Bullterrier tolle Hunde sein können – wenn sie an die richtigen Menschen geraten.