Das Positive gleich mal vorneweg: Das neue Stadtbuskonzept ist gestern gut gestartet. Allerdings zeigte sich bereits am ersten Tag: In der Gartenstraße kommt es wegen der kurzen Ampelschaltung an der Kreuzung Karlstraße zu erheblichen Staus. Den Autofahrern steht jetzt nur noch eine Spur zur Verfügung zwischen Planie und Galeria Kaufhof. Und die müssen sie sich mit den Bussen teilen. Gestern um die Mittagszeit und im Feierabendverkehr schob sich deshalb ein langer Stau durch die Gartenstraße mit Rückstau bis in die Albstraße. Wenn am Mittwoch die Schulen wieder beginnen, dürfte sich das Problem noch verschärfen.
In der Gegenrichtung hatten die Busse ganz andere Probleme: Biegen zu viele Busse auf einmal von der Karlstraße in die Gartenstraße ab und wollen dort an der ersten Haltestelle halten, bleibt der letzte Bus in der Kreuzung hängen und blockiert den Fußgängerüberweg, die Fußgänger müssen sich am Bus vorbei drücken. Unklar ist für manche Autofahrer wohl auch, dass sie von der Karlstraße nicht in die Gartenstraße einbiegen dürfen. Eine Hinweistafel gibt es nicht und so sind es vor allem Auswärtige, die plötzlich in Gegenrichtung zur Einbahnstraße stehen und denen nichts anderes übrigbleibt, als auf der Busspur die Gartenstraße hoch zu fahren bis zur nächsten Abbiegemöglichkeit.

Quartiersbuslinie

Hadi Rezei hat die Ruhe weg. Der gebürtige Iraner fährt an diesem Montag auf der Quartiersbuslinie 82/81, die die Wohngebiete in der Oststadt, an der Achalm bis zur Freien Evangelischen Schule und in der Gegenrichtung bis zum Lerchenbuckel erschließt. „Ich bin so dankbar, dass es jetzt einen Bus gibt“, sagt eine Rentnerin, die am Lerchenbuckel wohnt. Sie hat sich für Montag gleich mal ein Tagesticket für 3,50 Euro gekauft, um die Linie und auch andere Linien in der Stadt kennen zu lernen. Busfahrer Hadi Rezei wird derweil unfreiwillig von einem Falschparker ausgebremst. In den engen Straßen und Kurven im Achalmgebiet mag ein kleiner Pkw noch durchkommen. Für den Quartiersbus wird die Weiterfahrt jetzt zur Millimeterarbeit. Hadi Rezei schafft es mit Ruhe und präzisem Fahrkönnen.

Grünhemden helfen

Die digitalen Angaben zu Linien und Abfahrtszeiten an den neuen Haltestellen haben großteils funktioniert. Zudem stehen zwei Wochen lang mehr als 100 Grünhemden im gesamten Stadtgebiet verteilt an den Haltestellen bereit, um zu helfen und zu informieren. Ein Aufwand, der sich lohnt. Zahlreiche Busnutzer fragen nach Anbindungen, nach Haltestellen oder fühlen sich einfach verunsichert.
Am ZOB, noch vor wenigen Tagen Dreh- und Angelpunkt des ÖPNV in Reutlingen, ist derweil nicht mehr viel los. Freilich halten hier auch viele Buslinien, doch der Großteil der Bussteige ist stillgelegt. Das Zentrum der Reutlinger RSV-Busse befindet sich jetzt eindeutig am Listplatz und in der Gartenstraße.
Viel los war gestern auch in der neuen Mobilitätszentrale des RSV direkt an der Ecke Eberhardstraße/Wilhelmstraße. „Wir mussten zeitenweise sogar das Personal verstärken“, sagt Bernd Kugel, Leiter Marketing bei der RSV. „Der Beratungsbedarf ist hoch.“ Die überwiegende Mehrheit der Kunden habe zudem positive Rückmeldung gegeben, freut sich Kugel. Seine Bilanz zum ersten Tag des neuen ÖPNV-Zeitalters fällt durchweg positiv aus. „Wir sind sehr zufrieden.“ Das System habe großteils funktioniert, auch wenn es die einen oder anderen Ausfälle gab. Die Busfahrer hätten die Herausforderung hervorragend gemeistert, lobt Kugel seine Mitarbeiter. Die Buslinien sind zum Teil mit Navis ausgestattet, außerdem fuhren auf den neuen Strecken Auszubildende mit, die die Strecken kennen. Das Problem Gartenstraße hat auch Kugel erkannt, „da gibt es sicherlich Optimierungsbedarf“. 43 neue Busfahrer hat die RSV eingestellt, bis Ende Oktober werden es dann 50 sein.
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Mehr Buslinien, mehr Haltestellen, engere Taktzeiten

Das neue RSV-Busnetz umfasst 21 Linien, zehn mehr als bislang. 100 neue Haltestellen wurden angelegt und auch Wohngebiete, die bislang nicht vom ÖPNV versorgt wurden, mit kleinen Quartiersbussen erschlossen.
17 Millionen Euro an Fördermitteln hat der Bund im Rahmen des Lead-City-Programms zugesagt. Zudem stellt der Bund bis Ende 2020 Betriebskostenzuschüsse von 6,5 Millionen Euro zur Verfügung. 3,2 Millionen Euro hat der Bund für den Bau der Nahverkehrsachse in der Gartenstraße bezahlt.