Der Neubau der Reutlinger Alten-Hilfe, der Anfang 2023 in Betrieb gehen soll, wird wohl weit mehr als nur ein Pflegeheim. Das Wort „Kompetenzzentrum“ fiel am Freitagnachmittag, als die konkreten Pläne erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurden, gleich mehrfach – und das nicht von ungefähr. Denn in dem Gebäude werden nicht nur 72 stationäre und 14 Plätze zur Kurzzeitpflege unterkommen, sondern auch die Sozialstation, die Großküche, die auf bis zu 1000 Essen täglich ausgerichtet ist, ein öffentliches Café, die Räume für das Belegungsmanagement und Einheiten für Friseur und Fußpflege. „Und wir werden mit unserer Hauptverwaltung von der Gustav-Wagner-Straße in den Neubau umziehen“, so der Geschäftsführer der RAH Reutlinger-Altenhilfe gGmbH, Timo Vollmer.
Tagespflege neu im Portfolio
Abrunden wird das Kompetenzzentrum übrigens etwas, das man laut RAH-Chef „ganz neu im Portfolio hat“: eine Tagespflege, die in zwei Gruppen mit zwölf und 18 Plätzen eingeteilt ist. Kostenpunkt für den Neubau, für den der Reutlinger Gemeinderat im Juli allerdings erst noch grünes Licht geben muss: 27,9 Millionen Euro.
Ob es Zuschüsse gibt und wie hoch sie sind, ist derweil noch offen. Gesichert scheint bisher allein ein Zuschuss von rund 2,8 Millionen Euro, den die RAH bekommt, weil das Gebäude maximal energieeffizient werden soll. Auf dem Dach des Hauses wird eine Fotovoltaik-Anlage installiert, die 88 Prozent des eigenen Strombedarfs decken könnte.
Abriss aus wirtschaftlichen Gründen
Die gute Nachricht schlechthin für den RAH-Geschäftsführer ist indes die Tatsache, dass der Neubau am alten Standort entstehen kann – und zwar direkt im Anschluss an das bestehende, über 30 Jahre alte Haus „Voller Brunnen“, das abgerissen werden soll, weil es den geänderten Anforderungen der Landesheimbauverordnung, aber auch den Vorgaben des Brandschutzes nicht mehr entspricht. Eine Sanierung des Altbaus wurde zwar in Betracht gezogen, sei aber, so Vollmer, nicht wirtschaftlich.
Das neue Haus mit drei kompletten Etagen und einem Dachgeschoss wird einen Süd- und einen Nordflügel bekommen und in die Grünzone direkt an der Mittnachtsstraße gebaut. Dort wird auch der Haupteingang sein, der die beiden Flügel verbindet. Während im Erdgeschoss unter anderem das Café, Veranstaltungs- und Kursräume sowie die Großküche Platz finden sollen, werden im ersten und zweiten Obergeschoss die Pflege-Wohnbereiche mit 86 Einzelzimmern sein. Geplant sind drei Wohngruppen. Dazu kommt auch noch eine Gruppe mit 14 Plätzen in der solitären Kurzzeitpflege. Ins Obergeschoss zieht derweil die RAH-Verwaltung ein.
Bestens ins Umfeld integriert
Dass die Pflegeeinrichtung an ihrem alten Standort bleiben kann, freut Vollmer indes auch, weil der „Volle Brunnen“ seit langem bestens in sein Umfeld integriert ist. „Wir sind ein fester Bestandteil in dem Gebiet und es gibt viele Kooperationen mit den Menschen hier“, so Vollmer. Weshalb die RAH am Freitag auch die Anwohner zur Vorstellung der Neubaupläne in die Storlach-Sporthalle eingeladen hatte. Zur Seite standen Vollmer bei der Präsentation Architekt Karl-Heinz Single von der Architektengemeinschaft „weinbrenner.single.arabzadeh.“ und Erich Steib von der Firma Georg Reisch, zuständig für Bauabwicklung und Projektmanagement. Alle drei sind guter Dinge, dass die Bauarbeiten bereits im Herbst beginnen können und der Neubau pünktlich zum 1. Januar 2023 in Betrieb gehen kann. Ein Datum, das schon allein deshalb eingehalten werden muss, weil die Betriebsgenehmigung für den bestehenden „Vollen Brunnen“ am 31. Dezember 2022 erlischt.
Ist das neue Kompetenzzentrum bezogen, kann der Altbau relativ flott abgerissen werden. Vollmer hofft, dass die Stadt Reutlingen die entstehende großzügige Freifläche, die dann dem Allgemeinbedarf zukommt, entsprechend „bespielen“ wird. Auch weil der Neubau sehr viel kompakter und von der Grundfläche her kleiner wird als das alte Haus, könnte eine Parklandschaft entstehen, aus der mit etwas Glück auch der See am „Vollen Brunnen“ nicht verschwinden wird.