Warum kompliziert, wenn’s auch einfach geht? Zum Abschluss des Indi(e)stinction-Festivals kam das New Yorker Trio Hodja zu ihrem einzigen Süddeutschland-Auftritt in den Reutlinger Live-Club franz.K. Dass nur rund 80 Fans dieses intensive Konzert miterlebten, war wohl zum Teil der Unsicherheit über das Coronavirus geschuldet.
Doch weder die Stimmung noch die Musik litten im franz.K-Saal darunter. Dass die Musik dieses Trios in der Szene als „bis auf die Knochen reduzierter schwarzer Rock’n’Roll“ gefeiert wird, trifft den Nagel auf den Kopf. Auch dass die Band Hodja zu den Besseren ihres Genres gehört, steht nach ihrem Auftritt im franz.K außer Frage.

Garage, Gospel, Soul

Die Musik dieses Trios gehört in die Kategorie „aufregende Mixtur“, die mit Voodoo-Garagenrock, Gospel, Soul und Hip-Hop-Einflüssen garniert wird.
Vor allem die Darbietung des afroamerikanischen Sängers Gamiel Stone strotzt nur so vor spannungsgeladener Energie. Seine ausdrucksstarke Stimme strahlt zupackende Power aus und erinnert in manchen Passagen an die von Frank Zappa.

Gamiel Stone windet sich wild

Begleitet von dem lässig spielenden Gitarristen Tenboi Levinson aus Kopenhagen und dem deutschen Drummer Matthias Klein bringt Hodja das Publikum mit deren beschwörendem Voodoo-Zauber schnell in Stimmung.
Hodja ist eine Band, die hart drauflosrocken kann, die ihre kratzbürstigen Melodien aber ebenso in Bereiche eines fast schon experimentellen Minimalismus gleiten lässt. Beeindruckend ist vor allem, wie sie allein mit den beiden Instrumenten E-Gitarre und Schlagzeug einen derart kraftvollen Sound hinbekommt. Die Band versteht es wie nur wenige, Tempi und Klangfarben zu variieren und Spannung zu erzeugen.
Dazwischen tanzt und windet sich Sänger Gamiel Stone und lässt voll ungebändigter Vitalität seinen Gefühlen freien Lauf. Gerade dann, wenn er den Rapper herauskehrt, kommt es einem so vor, als würde der aus der New Yorker Underground-Szene stammende Sänger seine ganze Wut, aber auch all seine Hoffnungen in seine einzigartige Stimme legen.

Lautstarkes Gefrickel

Oft kann man es kaum glauben, dass diese Stimme zu diesem barfuß herumtanzenden Energiebündel gehört, wenn er sich mit dem lautstarken Gefrickel seiner beiden Mitspieler zu einer tiefschwarzen und wundersam stimmigen Melodie vereint. Im nächsten Moment kann sich das Ganze auch wieder in ein rhythmisches Getöse, bisweilen in ein regelrechtes Noise-Inferno verwandeln.

Anregende Atemlosigkeit

Der Sound ist eine eigenwillige Mischung aus tanzbarem Voodoo-Rock und knochenhartem Progrock, der voller Überraschungen steckt: Dann erinnern sie mit ihrer spärlichen Besetzung an Größen wie The White Stripes oder The Black Keys.
Die Atemlosigkeit, mit der die drei sich in den jeweils nächsten Song stürzen, wirkt anregend, überwältigend und zuweilen wie ein Befreiungsschlag. Dabei ist es vor allem Sänger Gamiel Stone, der die Show dominiert und mit warmen Worten um Sympathien beim Publikum wirbt, wenn er etwa die Reutlinger Vorband Kava Conspiracy lobt. Er röhrt, schreit und versteht es, auch die lautesten Rock’n’Roll-Nummern zu tragen, macht selbst bei den wenigen ruhigeren Stücken eine gute Figur.

Man traut ihm alles zu

Kurzum: Man sieht viel von ihm und traut ihm alles zu. Im Dschungel der aufgekratzten Voodoo-Rock-Splitter und Gitarren-Feedbacks wirkt die erstaunliche Vielfältigkeit seiner Stimme zuweilen wie ein Ruhepol, an dem man sich festhalten kann.

„Mit der Resonanz zufrieden“

Fazit zum Festivalschluss Zweifellos war das Konzert von Hodja einer der musikalischen Höhepunkte des dreiwöchigen Indi(e)stinction-Festivals. Pressesprecherin Sarah Petrasch zeigte sich trotz des spärlichen Besuchs beim Abschlusskonzert zufrieden mit der Resonanz: „Die Konzerte von Trail of Dead und Sarah Lesch waren so gut wie ausverkauft, und auch die anderen Konzerte wurden als alternativer Gegenentwurf zum Mainstream-Pop vom Publikum gut angenommen.“ So wird es auch nächstes Jahr „mit Sicherheit wieder ein Indi(e)stinction-Festival geben“, kündigt Sarah Petrasch an. js