Für Beate Meinck ist „Integration eine dauerhafte und notwendige Aufgabe, der wir uns alle in der  Gesellschaft zu stellen haben“. Eine Aufgabe, bei der „ihr“ Haus eine wichtige Rolle spielen kann – und muss. Bibliotheken seien schon immer Orte gewesen, die allen offen stünden. Und: „Wir wollen ganz aktiv etwas für Chancengleichheit tun“, betonte Meinck, die seit gut einem Jahr die Stadtbibliothek leitet.
Gemeinsam mit Tanja Schleyerbach, zuständig für interkulturelle Bibliotheksarbeit, und Gerhard Loew, Vorsitzender der 1981 gegründeten Vereins „Freunde der Stadtbibliothek Reutlingen“, stellte sie jetzt die interkulturellen Angebote der Einrichtung vor. Ein Angebot, das sich sehen lassen kann und das stetig verbessert und erweitert wird.
Ganz neu hingekommen sind Sprachlernspiele: Ein Wochenende in Madrid, Paris, New York oder Berlin, das Spiel Wanderwörter oder das Vokabel-Duell-Spiel Quick-Buzz in mehreren Sprachausgaben bieten Besuchern die Chance, spielerisch  Fremdsprachen in Gesellschaft zu erlernen. Für zugewanderte Menschen hat die Bildungsstätte ein eigenes mehrsprachiges und individuell gestaltetes „Bib-Memo“ entwickelt, bei dem man anhand von Fotokarten Paare finden kann. Dieses Spiel gibt es in den zweisprachigen Ausgaben englisch, französisch und arabisch. Auch online lässt sich das Bib-Memo spielen, es hilft spielerisch, Bibliotheksbegriffe als Vorbereitung für eine Führung und die Nutzung der Bibliothek spielerisch kennen zu lernen und darüber ins Gespräch zu kommen. Die Finanzierung der Spiele übernahmen die Freunde der Stadtbibliothek.
Eine Informationsbroschüre über Angebote und Nutzungskonditionen der Stadtbibliothek wurde in eine leicht verständliche Sprache übersetzt. Mit Unterstützung der Freunde der Stadtbibliothek wurde eine Zertifizierung  durch das „Fach-Zentrum für Leichte Sprache in Augsburg ermöglicht. Die Broschüre gibt es in der Hauptstelle und allen Zweigstellen, zudem stehen die Infos auch auf der Webseite der Stadtbibliothek.
Dank eines Gutscheins der Freunde der Stadtbibliothek können sich geflüchtete Menschen, sich einmalig einen kostenlosen Monatsausweis ausstellen lassen, um die Angebote zu testen. 145 Gutscheine wurden ausgegeben, rund 23 Prozent nutzen den Ausweis weiter. Gemeinsam mit dem Amt für Migrationsfragen, dem städtischen Sozialdienst und zahlreichen ehrenamtlich Tätigen stellt Tanja Schleyerbach derzeit Medienkisten für Flüchtlingsunterkünfte zusammen.
In fünf Unterkünften gibt es diese Kisten bereits, die auch mit Spendengeldern finanziert wurden. In den Boxen befinden sich Lernmedien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, aber auch Spiele und Instrumente für Kinder. Die ehrenamtlichen Helfer können diese Medien für ihre Arbeit mit den Geflüchteten einsetzen. Zudem besteht für Flüchtlinge die Möglichkeit, Führungen durch die Hauptstelle und die vier Zweigstellen in Rommelsbach, Betzingen, Orschel-Hagen und Sondelfingen zu erhalten. Falls notwendig, steht auch ein Dolmetscher bereit.
Zudem finden sich in der Stadtbibliothek Lehrmittel zum Sprachen lernen in über 40 Sprachen, fremdsprachige Medien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Zeitungen und Zeitschriften und eine Tandemlernbörse. Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen können die von den Freunden der Stadtbibliothek finanzierten Themenkisten zum Deutsch lernen ausleihen.
Der Verein der Freunde hat ebenfalls „Willkommen in Reutlingen“, einen Medienbestand für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Deutsch lernen in den vier großen Zweigstellen finanziert. So können Migranten und Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften wohnortnah die deutsche Sprache lernen. Außerdem haben alle Kunden mit gültigem Bibliotheksausweis die Möglichkeit, von zu Hause aus kostenlos auf Press-Reader zuzugreifen, eine Datenbank mit mehr als 6000 aktuell erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften in mehr als 60 Sprachen aus über 100 Ländern. In der Bibliothek ist das auch ohne Ausweis möglich. Die Encyclopedia Britannica steht ebenfalls allen Bibliothekskunden für aktuelle und sachliche englischsprachige Informationen online zur Verfügung.
Ferner hat sich die Stadtbibliothek als Fortsetzung für das Ende 2016 abgeschlossene Projekt „Deutsch lernen im virtuellen Klassenzimmer“ um ein weiteres Förderprojekt für Geflüchtete und Migranten beworben, das in einen ehrenamtlich begleiteten Lerntreff zum Deutsch lernen münden soll. Damit wolle man sich, so Schleyerbach, auch weiterhin „interkulturell, innovativ und nachhaltig in die Gesellschaft einbringen. Ab Oktober wird es zunächst sechs Terminen einen Leseclub gemeinsam, der sich auch an Bewohner der Bruderhaus-Diakonie richtet.

Gastgeber zum IKW-Auftakt

„Vielfalt verbindet – eine Utopie unseres Zusammenlebens“: Unter diesem Motto steigt in der Stadtbibliothek am Montag, 25. September, 19.30 Uhr, die Auftaktveranstaltung zur interkulturellen Woche (IKW) mit Podiumsdiskussion und anschließendem Empfang. Das Ensemble fugato, das sich aus Mitgliedern der Württembergischen Philharmonie und geflüchteten Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika zusammensetzt, sorgt an diesem Abend für den passenden musikalischen Rahmen.
Am Dienstag, 26. September, 17 Uhr, steht dann ein Rundgang durch die Bibliothek in deutscher -und arabischer Sprache auf dem Programm. rab