Der 25. April 1945 ist ein ganz wichtiger Tag in der Weißenhorner Stadtgeschichte: Die US-Amerikaner waren auf dem Vormarsch, das Dritte Reich stand unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Um die Stadt zu retten, schlichen sich am 25. April drei Weißenhorner auf den Turm der Stadtkirche Mariä Himmelfahrt und hissten dort weiße Flaggen – als Zeichen dafür, dass sich die Stadt kampflos ergeben wird. Ein mutiges und lebensgefährliches Unterfangen, der Weißenhorner Bürgermeister galt als linientreu bis zum Schluss.
Die verwegene Tat glückte. Ein Aufklärungsflugzeug sah die zu weißen Flaggen umfunktionierten Bettlaken und funkte die Information weiter. Der Legende nach befanden sich die Bomber zu diesem Zeitpunkt schon im Anflug, drehten dann aber wieder ab. Weißenhorn entging der Zerstörung. Berichtet wird auch von Müttern, die sich mit ihren Kindern einem Wehrmachtstrupp in den Weg stellten, der die Flaggen einholen und die Flaggenhisser dingfest machen sollte. Die Männer entkamen.
Matthias Kunze, Leiter des Weißenhorner Heimatmuseums, fasste die Abläufe in einem Pressegespräch kurz zusammen, zu dem der Arbeitskreis „Friedensstadt Weißenhorn“ eingeladen hatte. Zu der Initiative gehören auch Gisela Wabra, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Luise Keck, Sprecherin der örtlichen Pax Christi Gruppe, Paul Silberbaur, Vorsitzender des Liederkranzes, Stadtrat Ulrich Hoffmann und der katholische Stadtpfarrer Lothar Hartmann. „Friede ist nicht selbstverständlich“, sagte Hartmann. Und vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ein brandaktuelles Thema.  

Auftaktveranstaltung am 20. April im Rathaus

Darum will sich der Arbeitskreis verstärkt der Friedensarbeit widmen und sich für Zivilcourage einsetzen. Die Auftaktveranstaltung findet am Donnerstag, 20. April, von 19 Uhr an im Ratssaal im Rathaus statt. Jeder ist willkommen.  Im Mittelpunkt des Abends wird eine Lesung aus dem Tagebuch der Klosterfrau Alphonsa Forster stehen, die zur damaligen Zeit in Weißenhorn die Klosterschule leitete und deren bewegende Aufzeichnungen von jenem denkwürdigen 25. April 1945 berichten.
Ebenso wird ein Nachkomme von Paul Ziegler – einer der Männer, die unter Lebensgefahr die weißen Flaggen anbrachten – sprechen: Zieglers Enkel Franz Schrodi wird über die Ereignisse aus der Familienperspektive berichten. Der Arbeitskreis hat auch schon weitere Veranstaltungen geplant. Im Sommer soll es beispielsweise ein Erzählcafé geben. Und um die Initiative auf ein breiteres Fundament zu stellen, sollen auch Vereine und Schulen in die Friedensarbeit in Weißenhorn einbezogen werden.  

Flaggenaktion 2020 zum Kriegsende

Um an den Mut zu erinnern und gleichzeitig ein Zeichen für Zusammenhalt, Frieden und Gerechtigkeit zu setzen, waren am 25. April 2020 – 75 Jahre nach Kriegsende – wieder weiße Fahnen in Weißenhorn zu sehen. Unter anderem auf dem Turm der Stadtpfarrkirche. Außerdem waren Bürger eingeladen, mitzumachen und ebenfalls Fahnen, Tücher oder Bettlaken aus ihren Fenstern zu hängen.