Frühling im Sommer – diesen Eindruck vermittelten die weißen und blauen Planen auf der Baustelle in der Illertisser Vöhlinstraße in den vergangenen sechs Wochen, die eher an ein Frühbeet erinnerten, als den Baubeginn der dort geplanten Wohnanlage „Illertisser Tor“ vermuten ließen. Und tatsächlich dienten die riesigen Folien am Fuße des Illertisser Schlossbergs zum Schutz vor Wind und Wetter, jedoch nicht für zarte Pflänzchen oder sensible Bautrupps, sondern für professionelle Archäologen und deren möglichen Funde. Ob die von Amts wegen angesetzten Grabungen dabei erfolgsversprechend sein werden und etwas zu Tage fördern, war zu Beginn der Arbeiten Anfang Juli zunächst offen.
Aufgrund der Lage des Geländes an der Ecke Vöhlinstraße/Auf der Point, die zu einem archäologischen Erwartungsgebiet zählt, war zumindest aber eine gewisse Hoffnung damit verbunden. Denn laut dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege sei dort mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Strukturen der Besiedlungsgeschichte Illertissens zu rechnen, weshalb der Bauherr auch dafür Sorge zu tragen habe, keine Bodendenkmäler zu zerstören. Etwaige Funde müssten entsprechend dokumentiert und gegebenenfalls bewahrt werden.
Dem Dietenheimer Brüderpaar Manuel und Frank Merkle von der gleichnamigen Wohnungsbaugesellschaft war dies jedoch anfangs unbekannt, genau wie die Tatsache, dass die gesamten Kosten für die Ausgrabungen zu ihren Lasten gehen. „Bei der Auswahl des Grundstücks haben wir extra darauf geachtet, dass das darauf befindliche alte Bauernhaus nicht unter Denkmalschutz steht, um dieses abreißen und durch zwei moderne Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage ersetzen zu können“, erklärt Manuel Merkle. Erst im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens sei die Thematik der Bodendenkmäler aufgekommen. „Zusammen mit dem ausführenden Generalunternehmen Schmollinger und Kropf aus Hörenhausen haben wir die anschließenden Grabungen der Spezialisten dann bestmöglich unterstützt“, so Merkle weiter, in den ersten Tagen sei die Suche allerdings erfolglos geblieben. „Zwei Tage vor dem angesetzten Grabungsende wurden meines Wissens nach einige historische Tongegenstände gefunden, deshalb suchten die Archäologen natürlich weiter“, ergänzt Merkle, den die Arbeiten dank der Handwerkerferien letztlich zwar nur zwei Wochen Bauverzögerung aber mehrere Tausend Euro gekostet haben.
Dennoch hat sich die Verlängerung der Grabungsarbeiten gelohnt, und die Mühen waren somit nicht ganz umsonst, das beweist der kürzlich bekannt gewordene, angebliche Fund zweier Skelette in der aufgegrabenen Erdschicht. Ob es sich dabei womöglich um die sterblichen Überreste von Römern handelt oder Menschen aus dem Mittelalter dort ihre letzte Ruhe fanden, ist derzeit reine Spekulation in der Vöhlinstadt – hierzu wollte Dorothee Ott, Sprecherin des bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, auf Nachfrage der SÜDWEST PRESSE ebenso keine Angaben machen wie zur tatsächlichen Anzahl der ausgegrabenen Knochen, deren Zustand und Analyse sowie möglichen weiteren Funden neben den Skeletten. „Alle Ergebnisse werden vom zuständigen Archäologen-Team bei einem Vor-Ort-Termin am 12. September in Illertissen präsentiert“, erklärt Ott. Im Anschluss könne dann der Bagger mit den Aushubarbeiten für die Neubauten starten.
Dies bestätigte auch Bauherr Manuel Merkle, der sich am Telefon glücklich zeigte, dass es nun endlich mit dem Bau der 15 Wohneinheiten los gehen kann. Nach derzeitigem Stand könne auch die ursprüngliche Zeitschiene mit Fertigstellung und Bezugstermin im ersten Quartal 2019 noch gehalten werden, so Merkle. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die bereits reservierten und verkauften Wohnungen wichtig.