Es dauerte 22 Minuten, bis Manfred Weber in seinem Vortrag das Reizthema ansprach, das Deutschland in Atem hält. Doch nicht nur zu Migration und Flüchtlingskrise stand der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament am Donnerstagabend im Konstantin-Vidal-Haus in Oberelchingen Rede und Antwort. In einer gut zweistündigen Veranstaltung, in der auch 14 der rund 60 Zuhörer Fragen stellten.
Migration In der Flüchtlingskrise, die „viele Kopfschmerzen verursacht“ habe, sei eine  Ordnung an der Außengrenze wichtig. Lebensrettung auf See ja, anlanden in Europa nein, meint der 45-Jährige. „Wir müssen das Schlepperbanden-Modell zerstören.“ Und: „Wer Pässe an der Grenze kontrolliert, hat Unterstützung und keine Kritik verdient.“ Zudem forderte er Sach- statt Geldleistungen, weil Flüchtlinge teils viel Geld in ihre Heimat überwiesen. „Das hätte Deutschland aber schon machen können.“ Ferner sei mehr Solidarität in Europa nötig. Mit Blick auf Subventionen sagte er: „Solidarität ist keine Einbahnstraße.“ Weber: „Der Landkreis Neu-Ulm hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als Tschechien.“ Bayern brauche daher „keine Nachhilfe in Hilfsbereitschaft“. Solidarität könne man aber nicht erzwingen. Und: „Die Tschechen machen das, was Deutschland vor 2015 auch Jahrzehnte gemacht hat.“ Nämlich eine Quote für die Aufnahme ablehnen. Der Niederbayer wünscht sich eine europäische Obergrenze, bei der Staaten entscheiden, wer kommt. Neben neuen Flüchtlingen aus Syrien sei Afrika die eigentliche Aufgabe. „Wenn die Menschen dort keine Perspektive haben, können wir noch so hohe Zäune aufbauen.“
Weltpolitik Vor dem amerikanisch-russischen Treffen in Helsinki habe er die Angst, sagte Weber, „dass dort die Welt neu aufgeteilt wird“.  Da der Wind rauer werde, brauche es Politiker, „die über den Tellerrand der Tagespolitik hinausschauen“. Europa werde nur gemeinsam eine wichtige Rolle in der globalisierten Welt spielen. Daher plädiere er dafür, dass Einstimmigkeitsprinzip in der EU-Außenpolitik abzuschaffen und in Sicherheit zu investieren. Er forderte von Europa, das eine Friedensmacht sein solle, „eine gemeinsame Brigade für das Internet“.
Währung „Ich glaube, dass wir bei der Euro-Krise den richtigen Weg gegangen sind“, sagte Weber. Eine Transferunion habe auch die CSU verhindert. Vielmehr habe man fünf Staaten gerettet. Zum Vorteil der EU: Das Wirtschaftswachstum liege nun bei 2,5 Prozent; es seien zehn Millionen neue Arbeitsplätze entstanden; alle Euro-Staaten hätten weniger als drei Prozent Nettoneuverschuldung; der Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik („Sparer leiden, Bauherren profitieren“) sei eingeläutet. Es müsse ein europäischer Währungsfonds aufgebaut werden, um nicht abhängig zu sein vom US-Präsidenten. „Wenn Donald Trump Mauern aufbauen will, müssen die Europäer Brücken bauen.“ Und etwa Zölle auf Whisky einführen. „Die wirken.“
Fördermittel Weber sorgt sich ums Geld. Ab 2020 sei eine Billion Euro zu verteilen: für Regionalförderung, Forschung, Landwirtschaft. Letztere könne oft ohne Förderung nicht überleben. „Wer will, dass Europa funktioniert, muss Geld bereitstellen.“
Brexit Der EU-Ausstieg Großbritanniens sei „ein Schock“ gewesen. Wenn aber die Briten nach dem Austritt im März 2019 weiter etwa Zugang zu Daten von Europol haben wollen, „kocht es in mir“. Weber: „Ich stimme für keinen Vertrag, in dem die Briten Rosinenpickerei betreiben.“
Reaktionen „Nachdenken wird zur Voraussetzung, um vorauszudenken: Das hast du uns heute vorgemacht“, sagte CSU-Kreisvorsitzender und Landrat Thorsten Freudenberger. Für Bezirksrat Herbert Pressl ist Weber ein Politiker, dem die Zukunft gehört. Und: „In bin begeistert.“  Der halbe Landkreis sei unter den Zuhörern vertreten gewesen.

„Asylwende ist ein Schritt nach vorne“

Streit Als „einen der ganz großen Europäer“ bezeichnete die CSU-Landtagsabgeordnete Beate Merk den Gast des Abends, Manfred Weber. Mit Blick auf die scharfe Auseinandersetzung der Christsozialen und Christdemokraten sagte sie: „Streiten gehört einfach zum Handwerk.“ Die „Asylwende“ sei ein wesentlicher Schritt nach vorne. Und: „Die Mehrheit der Bayern steht zu den Kompromissen, die am Wochenende getroffen wurden.“ Merk plädierte aber dafür, Afrika mehr in den Blick zu nehmen. Dort würden 2050 zwei Milliarden Menschen leben. „Augen zumachen geht nicht.“