Die Entscheidung sei schon länger in ihm gereift, schreibt der Neu-Ulmer OB Gerold Noerenberg. Am Donnerstag ließ er über seine Pressestelle erklären, er werde im nächsten Jahr bei der anstehenden OB-Wahl nicht wieder kandidieren. Damit hat Noerenberg mit Ausnahme seiner CSU, die von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt war, alle anderen Fraktion im Neu-Ulmer Stadtrat überrascht.
„Für mich und meine Frau wäre es eine gute Entscheidung, im Buch der politischen Leitung unserer Stadt, aber auch persönlich ein neues Kapitel aufzuschlagen“, schreibt Noerenberg. Er werde 2020 weder als OB noch als Stadt- oder Kreisrat kandieren. Ein kompletter Rückzug also. Nur so könne er einen neuen Lebensabschnitt mit einer konsequenten Neuorientierung beginnen. Was Noerenberg vor hat, war nicht zu erfahren. Nachdem die Mail gegen 17.20 Uhr abgeschickt war, verließ er das Rathaus ins Wochenende.
Keine Rede ist in seinen Zeilen davon, dass bei seinen Überlegungen die von ihm vorangetriebene Kreisfreiheit eine Rolle gespielt haben könnte. Wie berichtet, hatten zuerst die Freien Wähler im Landtag und dann die schwäbischen CSU-Abgeordneten erklärt, dass sie nicht für den Nuxit votieren werden. Auch aus dem Umfeld von Ministerpräsident Markus Söder und von Innenminister Joachim Herrmann war kolportiert worden, dass die Kreisfreiheit der Stadt unerwünscht sei.
Respekt für Noerenbergs Entscheidung
Die Reaktionen auf Noerenbergs Entscheidung fallen höchst unterschiedlich aus. Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) zeigte sich „ein bisschen überrascht“, respektierte aber Noerenbergs Entscheidung. Den beiden Städten Ulm und Neu-Ulm habe die Zusammenarbeit gut getan. Und das solle so bleiben bis zum letzten Arbeitstag seines Kollegen. Landrat Thorsten Freudenberger (CSU), Noerenbergs Nuxit-Gegenspieler, verwies auf „die lange und erfolgreiche Wegstrecke“, die er mit dem Neu-Ulmer OB zurückgelegt habe. „Darüber darf die Auseinandersetzung der vergangenen Monate nicht hinweg täuschen.“
CSU-Fraktionschef Johannes Stingl bedauerte Noerenbergs Schritt. „Er war ein erfolgreicher OB.“ Stingl hat aber auch Verständnis, denn: „Es ist ein Knochenjob, halbe Kraft reicht da nicht aus.“ Distanziert und nüchtern waren die Reaktionen jenseits der CSU. „Das ist im Sinne eines besseren Klimas im Stadtrat“, sagte SPD-Fraktionschef Rudolf Erne. 16 Jahre an der Spitze der Stadt seien genug, „da kann ruhig jemand anderes kommen“.
„Aha. Gut. Wir sind zufrieden“, waren die ersten Worte von Christina Richtmann, der Fraktionschefin der Freien Wähler. Vielleicht wisse Noerenberg schon, dass es nicht zum Nuxit kommen werde. „Die Frage ist doch, ob er von seiner CSU nochmal aufgestellt worden wäre“, orakelte Alfred Schömig (FDP). Er persönlich bedauere die Entscheidung nicht. „Das Alter dazu hat er. Und es ist seine Lebensplanung“, sagte Siegfried Meßner von PRO Neu-Ulm nüchtern.
Noerenberg hinterlässt ein schweres Erbe
Mechthild Destruelle (Grüne) war nicht sehr überrascht. „Ich ging davon aus, dass das schon länger seine Überlegung war. Das Amt dürfte ihm zuletzt keinen Spaß mehr gemacht haben,“ sagte die Fraktionschefin. Für ihren Parteifreund Klaus Rederer, Sprecher des Bündnisses „Landkreis? Ja bitte“, war der „Zinnober um den Nuxit“ unnötig. Noerenberg hinterlasse seinem Nachfolger ein schweres Erbe.
Gerold Noerenbergs Erklärung schließt übrigens mit einem Dank und der Hoffnung, dass seine Entscheidung niemanden enttäuschen werde. „Ich bin dankbar, dass ich meiner Heimat so lange dienen durfte und bin gespannt, was die Zukunft mir noch zu bieten hat.“ Eines werde er aber mit Sicherheit nicht tun: Leserbriefe schreiben.