Beim genauen Betrachten ist sie eigentlich ganz süß, die kleine Rötelmaus, die sich durch ihre rötliche Rückenfärbung und ihren deutlich kürzeren Schwanz von der nicht weniger putzigen Hausmaus unterscheidet. Doch der drollige Nager haut, wenn er Viren mit sich trägt, den stärksten Mann um. Rötelmäuse übertragen hierzulande den hochinfektiösen Hantavirus. Über Kot, Speichel und Urin wird das Virus, das zum Nierenversagen führen kann, von den Nagern ausgeschieden. „Den Patienten geht es bei einer Infektion oft richtig schlecht. Sie klagen über hohes Fieber und starke Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und totale Abgeschlagenheit“, beschreibt Dr. Eberhard Rapp vom Hausarztzentrum die Symptome, die symptomatisch behandelt werden. Ein Antibiotikum greift bei einem Virus bekanntlich nicht. Die Hauptkomplikation bei einer Infektion sieht  Rapp in einem möglichen Nierenversagen, weshalb bei entsprechender Symptomatik sofort die Nierenwerte untersucht werden müssen. „Sind die in Ordnung, dann sind wir schon einmal etwas beruhigt“, so Rapp, der mit seinen Kollegen grob über den Daumen gepeilt, in diesem Jahr rund 10 bis 15 Fälle im Hausarztzentrums registrieren konnte. 15 Fälle in Münsingen (Stand Mitte September) wurden beim Kreisgesundheitsamt in Reutlingen gemeldet. Die Zahlen, die Stefan Brockmann vom Kreisgesundheitsamt vorliegen, zeigen deutlich auf, dass die Zahl der heuer gemeldeten Hantavirusinfektionen im Vergleich zu den vergangenen  sechs Jahren deutlich angestiegen ist, so waren es im vergangenen Jahr nur 11 Fälle.  wobei Gegenden wie Bad Urach zum Beispiel zu den besonders gefährdeten Regionen zählen. Brockmann weiß auch warum. Umgeben von Buchenwäldern liefert die Region perfekte Voraussetzungen für die Rötelmaus. Die nämlich liebt Bucheckern über alles. Passt das Klima – nicht zu heiß, nicht zu trocken, nicht zu kalt – reifen viele Bucheckerfrüchte heran. Ist das Nahrungsangebot gut, gibt’s auch gute Würfe, sprich viele neue Rötelmausbabys. Trotz der auf die Statistik bezogenen angestiegenen Zahl, sieht Brockmann dennoch keinen Grund zur Panik, zumal er die 140 gemeldeten Fälle im Kreis Reutlingen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerungszahl im Kreis betrachtet. Dennoch rät Brockmann dazu, die häusliche Umgebung vor allem in der Nähe der Buchenwälder, möglichst mausfrei zu halten. Das bedeutet jedoch nicht, dass um das ganze Haus herum Mäusefallen aufgestellt werden sollen. Hier nämlich sieht Brockmann eine durchaus ernste Gefahr, sofern nicht sauber mit Schutzhandschuhen gearbeitet wird, da sich an den Mäusen Kot- und Urinspuren finden.
In einer Bürgerinformation der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird unter anderem dazu geraten, nach dem Aufenthalt im Freien, Dachböden oder Schuppen die Hände sorgfältig zu waschen und Lebensmittel ordentlich zu verschließen, so dass die Nager erst gar nicht angelockt werden. Auch sollte Abfall in verschließbare Tonnen und Sperrmüllhaufen möglichst bald entsorgt werden, damit sich die Mäuse erst gar nicht einnisten. Beim Putzen von Schuppen empfiehlt Brockmann das Tragen eines Mundschutzes und von Schutzhandschuhen, die aufgewirbelten Staub, in welchem sich das Virus befinden könnte, fernhalten. Absolute Sicherheit gibt es jedoch kaum, denn auch beim Spaziergang durch den Buchenwald kann das Virus aufgewirbelt werden.
Der Name des Hantavirus leitet sich übrigens vom Hantan, einem Grenzfluss in Korea, ab. Während des Koreakrieges erkrankten Anfang der 1950er Jahre mehr als 3000 Soldaten daran.

Hanta-Virus: Dieses Jahr deutlicher Anstieg

Die Entwicklung der Fallzahlen von Erkrankungen mit dem Hantavirus: 2010 wurden dem Gesundheitsamt im Landkreis Reutlingen 117 Fälle gemeldet, 2011 14 Fälle, 20 Fälle in 2012, nur 2 Fälle in 2013, 2014: 20 Fälle, 2015: 50 Fälle und 2016: 11 Fälle. szr