Kürzlich startete im Münsinger Kino, dem ehemaligen Truppen-Tonfilmtheater, eine neue Kino-Serie: 75 Jahre Frieden in Deutschland. Zum Start der Reihe, die auch an das Kriegsende erinnern soll, wurde der Film „08/15“ gezeigt. Der deutsche Soldatenfilm zeigte die Vorbereitungen auf den Zweiten Weltkrieg aus Sicht von Rekruten, die ihren Dienst in einer Kaserne verrichten mussten. Disziplin, Strenge und Gehorsam schien in der Kaserne mehr Wert zu sein als Ehrlichkeit, Treue und Freundschaft. Der teils lustig gestaltete Film beschrieb eines der am wenigsten freudigen Abschnitte Deutscher Geschichte. Das war auch die Absicht der Kino-Betreiber, dem Ehepaar Kraft. Mit Witz und Liebe auf ein Thema hinführen, das im Grunde sehr ernst ist und sich nun durch 75 Jahre Frieden zum Guten gewendet hat. Die weiteren Teile der Filmtriologie zu „08/15“ werden bei Bedarf im Herbst 2020 gezeigt.

Reger Austausch

Die Besucher kamen aus Münsingen, Auingen, Böttingen und weiter entfernten Gemeinden des Landkreises Reutlingen. Nach dem Film bleiben alle auf den Kino-Stühlen sitzen – es wurde eine Unterhaltung angeregt. Zeitzeugen bekamen die Möglichkeit ihre Erfahrungen zu erzählen. Es kamen einige Geschichten zum Vorschein, die ganz still von den andern angehört wurden. Es wurde vom Erschießen des alten Besitzers und Schäfers vom Lichtenstein erzählt, wie vom tödlichen Schuss auf eine Frau von Böttingen, nur weil sie mit dem roten Kopftuch ein gutes Ziel abgab. Dann ging es über das Gefangenenlager hinter dem Alten Lager, dem Lager Gänsewag, in welchem Gefangene unter unmenschlichen Dingen zur Zwangsarbeit verpflichtet waren.

Schicksalen Namen gegeben

Zwei von ihnen, die nur mit Nummern versehen im dortigen Russenfriedhof verscharrt wurden, konnten identifiziert werden. Es fand eine „kleine Familienzusammenführung“ statt, als der Bruder nach Jahrzehnten aus der Ukraine kam, um am Grab seiner Brüder zu sehen, dass es nun ein mit Namen erfülltes Grab seiner Angehörigen gab. Der geschichtlich versierte und interessierte Auinger Bürger Paul Fink führte diese Geschichte detailliert aus und nannte alle Personen, die damals mitgeholfen haben. Fink ist auch Hauptmacher des begehrten historischen Kalenders über Auingen zum 1250. Jubiläum.
Ein weiter Kinogast konnte sich noch an seine Kindheit und die Gegebenheiten des Jungvolkes erinnern. Diese Organisation war eine Vorstufe der Hitlerjugend und hatte den Auftrag Kinder schon im Grundschulalter „auf die rechte Spur“ zu bringen. Dessen Vater verbot ihm die weitere Teilnahme dann aber, worauf er später sehr froh war. Er erzählte auch wie entsetzt er war über die Geschwindigkeit, mit welcher die Bevölkerung von Nazi-Anhängern zu Alliierten-Freunde, die sich als Befreite fühlten, mutierte.

Untergang der Wilhelm Gustloff

Andere Anwesende erzählten von Erfahrungen mit dem Schiff „Wilhelm Gustloff“, die 1945 mit rund 9000 Flüchtlingen an Bord torpediert wurde. Diese Katastrophe beinhaltete die meisten Toten bei einem Schiffsuntergang aller Zeiten und gilt als ein düsterer Moment in der deutschen Geschichte. Wie es zu diesem Unglück kam, soll der nächste Film der Reihe am 20. April beschreiben: „Nacht fiel über Gotenhafen: Der Untergang der Wilhelm Gustloff“. Es ist auch wieder vorgesehen, nach dem Film eigene Familienerfahrungen zu erzählen.
Der erste Kinoabend der Reihe entwickelte sich so zu einem informativer Abend, an welchem auch ein Redakteur eine Radio-Senders anwesend war, der anschließend einzelne Personen interviewte. Der Bericht soll in der Woche vor dem 8. Mai ausgestrahlt werden – dem Tag der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.

Weitere Filmabende zum Thema

Im Rahmen der Serie sind weitere Filme mit historischem Hintergrund geplant und vorgesehen. Am 20. April wird „Nacht fiel über Gotenhafen: Der Untergang der Wilheim Gustloff“ gezeigt; am 4. Mai „Die Brücke“; am 8. Juni „Casablanca“; am 15. Juni „Fahrraddiebe“. Geplant, aber noch nicht terminiert, sind noch „Kinder, Mütter und ein General“, „Gesprengte Ketten“, „Die große Sause“, „Rommel der Wüstenfuchs“ und „Zeit zu leben, Zeit zu sterben“. Bei diesem Film wirkt Lilo Pulver mit. Die schweizer Schauspielerin wurde von Familie Kraft angeschrieben und zu einem Besuch in Münsingen eingeladen.