Viele Oberstufenschüler am Metzinger Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium werden bei den diesjährigen Kommunalwahlen erstmals an die Urne treten können – sind bei den Wahlen auf kommunaler Ebene doch bereits die 16-Jährigen wahlberechtigt. Mit einer politischen Woche wollte das Gymnasium auf die Wahlen aufmerksam machen – und den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Gelegenheit geben, mit Politikern, Gemeinderäten und Kandidaten ins Gespräch zu kommen.
Der erste Termin war den Schülern der Kursstufe vorbehalten. Sie trafen sich am Dienstag mit dem Reutlinger Bundestagsabgeordneten Michael Donth (CDU), der selbst 1986 sein Abitur am Bonhoeffer-Gymnasium ablegte. Angehende Abiturienten des Neigungskurses Gemeinschaftskunde hatten Fragen vorbereitet, das Gespräch mit dem Abgeordneten drehte sich anschließend hauptsächlich um aktuelle Themen und Entwicklung der Europäischen Union.
Am Donnerstagnachmittag folgte eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Fraktionen des Metzinger Gemeinderates. „Wir wollen damit die Erstwähler erreichen“, betonte Lehrer Christian Schulz, der die politische Woche organisiert hatte. Daher waren auch alle Schüler der Oberstufe zu dieser Diskussion anwesend. Einleitend stellte Gemeinschaftskunde-Fachlehrer Dr. Ennio Bauer das baden-württembergische Kommunalwahlrecht vor, wobei sein Vortrag vor allem eines deutlich machte: Um korrekt zu wählen, sollte man den Stimmzetteln doch eine gewisse Aufmerksamkeit widmen, lassen sich die Stimmen doch auf die Kandidaten aller Parteien verteilen – und einzelnen Kandidaten bis zu drei Stimmen zu vergeben.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen mit Bernhard Mohr (FDP), Ulrike Sippli (SPD) und Susanne Bernauer (Grüne) drei amtierende Gemeinderäte teil, mit Peter Flämig (FWV) und Karin Theis (CDU) zudem zwei Gemeinderatskandidaten. Durchaus erstaunt reagierten die Schüler auf das Alter der Gemeinderäte, das von Mohr in seiner Vorstellung prompt thematisiert wurde. „Ich sage es gleich vorneweg, ich bin schon 72 Jahre alt“, erklärte Mohr. „Ich war aber 40 Jahre Lehrer und Schulleiter – da fühlt man sich jünger.“ Sippli ist bereits 75 Jahre alt – auf ihr Alter ging die SPD-Vertreterin nicht näher ein.
Karin Theis, die 1977 am Bonhoeffer-Gymnasium ihr Abitur ablegte, punktete zu Beginn der inhaltlichen Diskussion mit einer klaren Ansage: „Ich bin 1968 hier auf das Gymnasium gekommen. Wir waren einer der ersten Jahrgänge, die in den Pavillons unterrichtet wurden. Seither hat sich hier nichts geändert“, erklärte Theis. „Es ist eine Schande, dass die Stadt die Schule so verlottern lässt.“
Susanne Bernauer wollte diesen Vorwurf so nicht stehen lassen und konterte: „Wir haben halt auch viele Schulen in Metzingen. Das Gymnasium ist auf dem Schirm und der Neubau wird kommen.“ Theis ging dies nicht schnell genug: „Die Schulen sind Pflichtaufgaben der Gemeinde – das Kombibad ist freiwillig.“
Mohr gab zu, dass der Zustand der Pavillons bereits 2013 bei einer Besichtigung durch den Gemeinderat „erbärmlich“ gewesen sei – in der Kommunalpolitik müsse man auch mal „arg viel Geduld mitbringen“. Mit Erstaunen habe er kürzlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Stadtverwaltung auch die geplante Sanierung der naturwissenschaftlichen Fachräume habe verschieben müssen – wegen Personalmangels. Der anvisierte Neubau würde nach aktuellem Stand zwischen acht und zehn Millionen Euro kosten. „Da können wir alle nichts versprechen“, betonte Mohr. Und so waren sich die Podiumsteilnehmer am Ende in einem einig: Die Schüler im Saal werden womöglich noch in ihrer Schulzeit die Baustelle erleben – den Neubau aber nicht mehr. Peter Flämig dagegen wollte auf das Tempo drücken. Der Vorsitzende des Metzinger Gesamtelternbeirates kündigte an, „relativ schnell einen Architekturwettbewerb starten“ zu wollen.
Jason Ullah und Lisa-Marie Koch, beide im Vorstand des Jugendgemeinderates, konfrontierten die Podiumsteilnehmer anschließend mit weiteren Fragen. Zentral dabei: „Wie wollen Sie die Jugend für sich begeistern?“
Susanne Bernauer knüpfte mit ihrer Antwort an die Schülerproteste für mehr Klimaschutz an: „Wir Grünen engagieren uns schon seit 30 Jahren für das Klima – und sind lange dafür belächelt worden.“ Auch der Gemeinderat könne etwas für das Klima tun, auch wenn Bernauer zugab, dass das Gremium in dieser Hinsicht jüngst keine gute Figur gemacht habe: Beim Kauf einer Diesel-Kehrmaschine (wir berichteten). „Man muss rechtzeitig an alles denken und kleine Schritte in die richtige Richtung tun“, sagte Bernauer und forderte, an eine Elektrofahrzeug-Ladestation im neuen Bauhof zu denken. „Man lernt immer dazu.“

Auch Jugendliche können etwas bewegen

Karin Theis forderte die Schüler auf, auf sich aufmerksam zu machen. „Demokratie ist langsam“, erklärte die CDU-Kandidatin, „aber man sieht auch konkrete Erfolge, wenn man einen langen Atem hat“. Jederzeit könnten sich die Jugendlichen mit Ideen auch an die Parteien und Gemeinderatsfraktionen wenden: „Meldet euch – es funktioniert.“ In Sachen Klimaschutz riet Theis den Schülern, ihren eigenen ökologischen Fußabdruck mit dem ihrer Eltern und Großeltern zu vergleichen. „Da stellt sich die Frage: Auf was wollen wir heute verzichten?“ So könne jeder Einzelne darauf achten, Kohlenstoffdioxid einzusparen. Es gäbe aber keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen, erklärte Theis und nannte als Beispiel Biogasanlagen, die mit Lebensmitteln betrieben würden: „Das ist für mich unethisch. Die Biogasanlagen sind der größte Rohrkrepierer der Grünen aller Zeiten.“ Susanne Bernauer konterte prompt. „Appelle an den Einzelnen sind okay, aber wenn man wirklich im Großen etwas drehen will, dann muss man in die Politik – Politiker machen die Gesetze.“ Auf lokaler Ebene, das machten alle Diskutanten deutlich, würde aber die sachbezogene Arbeit im Vordergrund stehen. So lobte Bernauer etwa den scheidenden FDP-Gemeinderat Peter Reiff für dessen Weitsicht in Sachen Klimaschutz. „Wir wollen alle pragmatische, beste Lösungen für die Stadt“, betonte auch Peter Flämig. Bernhard Mohr bestätigte ebenfalls, „fast nie parteipolitische Diskussionen im Gemeinderat erlebt“ zu haben.
Die Wichtigkeit der Kommunalpolitik betonten derweil alle Gemeinderäte und Gemeinderatskandidaten. „Sobald Sie morgens den Wasserhahn aufdrehen, kommen Sie mit der Kommunalpolitik in Berührung“, sagte Mohr. Und Ulrike Sippli betonte, alle Wähler könnten „mit ihrer Stimme etwas bewegen. Kommunalpolitik war deshalb immer interessant für mich“.
Karin Theis verwies auf ihre eigene Erfahrung. „Jede einzelne Stimme zählt“, betonte Theis – der Geschäftsführerin einer App-Entwicklungsfirma fehlten bei den vergangenen Kommunalwahlen nur wenige Stimmen, um in den Metzinger Gemeinderat einzuziehen. Flämig erinnerte die Jugendlichen an deren Einsatz für das Kombibad. „Ihr habt sehr wohl eine laute Stimme – beim Kombibad habt ihr großartige Arbeit geleistet“, lobte Mohr und ergänzte: „Ihr dürft sagen, was ihr euch wünscht. Das ist ein hohes demokratisches Gut, das sollten wir alle für unsere Stadt nutzen.“

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