Unaufmerksam, impulsiv, übermäßig aktiv. Diese Eigenschaften treffen auf Menschen zu, die an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden. 957 Versicherte der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) waren im Jahr 2017 im Kreis Ludwigsburg wegen der Erkrankung in Behandlung, wie die Krankenkasse mitteilt. Zwischen 2013 und 2017 ist die Zahl demnach um fast vier Prozent pro Jahr angestiegen. Nach Angaben der AOK sind vor allem Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 14 Jahren von ADHS betroffen. Insgesamt wurde im Jahr 2017 bei 0,5 Prozent aller AOK-Versicherten im Kreis eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung diagnostiziert. Zum Vergleich: Im Rems-Murr-Kreis waren es 0,6 Prozent. Damit liegen beide Landkreise unter dem Durchschnitt im Land, der sich auf 0,8 Prozent beläuft.

Thema für Lehrer

Das Thema ADHS ist immer wieder Gegenstand der Lehrerfortbildung im Landkreis, teilt Hubert Haaga, der Leiter des Staatlichen Schulamts Ludwigsburg, auf Anfrage mit. „Wichtig ist, dass die Schulen gut in ein Netzwerk der Hilfen eingebunden sind, um im Einzelfall – wenn notwendig – weitere Unterstützungsangebote zu aktivieren“, sagt Haaga. Aussagen darüber, wie sich die steigende Anzahl der ADHS-Diagnosen an den Schulen bemerkbar macht, kann das Schulamt hingegen nicht treffen, da keine Erhebungen zu ADHS-Erkrankten existierten.
Ein gewisses Maß an Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Aktivität bei Kindern und Jugendlichen sind der AOK zufolge durchaus normal. „Bei einer ADHS nehmen sie allerdings ein Ausmaß an, das sich deutlich vom Verhalten Gleichaltriger unterscheidet“, sagt AOK-Ärztin Sabine Knapstein. Beim Verdacht auf ADHS seien ein ausführliches Gespräch und eine körperliche Untersuchung wichtig, um andere Ursachen für das Verhalten des Kindes auszuschließen. Auch Schlafstörungen, Sehfehler, Schwerhörigkeit, oder eine Schilddrüsenüberfunktion könnten Auslöser für Konzentrationsschwierigkeiten oder Hyperaktivität sein. Kinder und Jugendliche mit ADHS neigen offenbar zu Unfällen und Entwicklungsproblemen. Im Erwachsenenalter veränderten sich die Symptome oft. Typisch seien innere Unruhe oder Rastlosigkeit.
Die Ursachen der ADHS sind nicht geklärt. „Vermutlich wirken die Veranlagung und äußere Einflüsse zusammen“, sagt Knapstein. Studien zufolge seien Kinder häufiger betroffen, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft geraucht, Alkohol- oder Drogen konsumiert hätten. Manche Fachleute sähen ADHS als Folge von Reizüberflutung, Bewegungsmangel und starker Leistungsorientierung. Zu diesen Theorien gibt es aber laut Knapstein noch keine zuverlässigen Studien.