Gleich doppelten Grund zum Feiern hatte die AfD im Hotel Krauthof in Ludwigsburg nach Bekanntwerden der Prognose am Sonntag um 18 Uhr: Der Einzug in den Bundestag ist geschafft, und mit Martin Hess zieht für sie im Wahlkreis 265 (Ludwigsburg) auch ein Kandidat ins Parlament ein. „Ich bin hochzufrieden“, sagte der 46-jährige Polizeihauptkommissar aus Bietigheim-Bissingen, der auf Listenplatz sieben ins Rennen gegangen war. Noch am Wahlabend skizzierte Hess das Ziel, auf das es in der Oppositionsrolle, welche die AfD jetzt einnehmen wird, aus seiner Sicht ankommt: Die im Bundestag neue Partei müsse sich schnell einarbeiten und professionalisieren. Er will dafür arbeiten, die Sicherheitslage zu verbessern. Im Wahlkampf sei er darauf angesprochen worden, dass am Ludwigsburger Bahnhof einiges im Argen liege. „Sicherheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen“, so Hess.
Hess: Sind nicht rechtsradikal
Den Vorwurf, mit der AfD ziehe eine rechtsextreme Partei ins Parlament ein, weist er zurück. Es habe einige Aussagen gegeben, die er nicht teile, aber auch eine absichtliche „Skandalisierung“. Wenn es eine Partei mit rechtsradikalen Tendenzen wäre, wäre er als Polizist nicht Mitglied geworden, so Hess.
Von einem Denkzettel für die CDU-Politik sprach Erststimmen-Sieger Steffen Bilger gegenüber der BZ. Auch wenn er wieder das Direktmandat für sich habe sichern können, sei das Ergebnis doch ein kräftiger Dämpfer. Dass es so weit kommen konnte, hält er auch für ein Vermittlungsproblem. „Wir haben die Probleme angepackt, müssen aber jetzt bei der Problemlösung vorankommen“, so Bilger.
„Reichlich irritiert“ gab sich Bilger angesichts der Absage der SPD an eine Neuauflage der großen Koalition. Er hoffe, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Was die Zusammenarbeit mit den Grünen in einer Jamaika-Koalition betreffe, da habe man in Baden-Württemberg bewiesen, dass eine Zusammenarbeit mit den Grünen funktionieren könne. „Da müssen wir uns halt zusammenraufen.“
Macit Karaahmetoglu konnte für die SPD im Wahlkreis Ludwigsburg zwar mehr Erst- als Zweitstimmen holen, bitter war das Ergebnis dennoch für ihn. Auch Karaahmetoglu sieht seine SPD künftig nicht mehr in Regierungsverantwortung: „Wir müssen uns jetzt in der Opposition neu aufstellen.“ Die SPD sei mit ihren politischen Erfolgen nicht wahrgenommen worden. Die AfD müsse die SPD mit Inhalten stellen. Auch er habe im Wahlkampf festgestellt, dass die AfD zu den regional bedeutsamen Bundesthemen wie A 81 oder Nord-Ost-Ring nicht viel beizutragen gehabt habe.
„Wir sind begeistert“, für FDP-Kandidatin Stefanie Knecht, die im Ludwigsburger Scala den Wahlausgang verfolgte, herrschte ebenfalls Grund zum Jubeln. Dass die Liberalen nicht wie erhofft drittstärkste Partei im Bund wurden, sondern diesen Platz der AfD überlassen musste, trübte ihre Freude nur wenig. „Uns haben sie keine Stimmen geklaut“, meinte Knecht mit Blick auf Wählerwanderungen. Für sie selbst wurde es allerdings mit Blick auf den Einzug in den Bundestag eine Zitterpartie.
„Ich freue mich über das grüne Wahlergebnis“, lautete der Kommentar von Ingrid Hönlinger. Während die Demoskopen meist ein Abschneiden der Grünen in einer Größenordnung von 7 bis 8 Prozent prophezeit hatten, war die Ludwigsburgerin nicht überrascht, dass das Ergebnis nun darüber liegt. Der Zuspruch sei bereits an den Wahlinfoständen deutlich spürbar gewesen, so die Rechtsanwältin. Ob eine Jamaika-Koalition Realität wird, hängt laut Ingrid Hönlinger davon ab, ob grüne Inhalte bei Umwelt, Klimaschutz, Verkehr und sozialer Gerechtigkeit realisiert werden könnten. „Das wird nicht leicht“, so die Grüne.
Peter Schimke, der Kandidat der Linken, war ebenfalls guter Dinge, auch wenn er nicht nach Berlin geht. Das war bei einem Listenplatz 14 aber auch von vornherein illusorisch. Sein Ziel sei es gewesen, im Wahlkreis Ludwigsburg eine Stimmenzahl von „5 plus x“ zu erreichen, so der 63-Jährige aus Vaihingen. Und wie sich im Verlauf des Wahlabends herausstellte, ist das auch gelungen. Auch mit dem Abschneiden seiner Partei auf Bundes- und Landesebene zeigte sich Schimke zufrieden. „Ich habe den Eindruck, die Linke ist in Baden-Württemberg angekommen.“ Dass es nicht mehr wurde, lag seiner Ansicht nach daran, dass linke soziale Themen durch die Themen Sicherheit und Angst vor Überfremdung überlagert worden seien.