„In diesem Jahr legen wir noch eine Schippe drauf“, verspricht Raoul Schoregge. Schoregge ist der Produzent und Tourveranstalter des „Chinesischen Nationalcircus“, der vom 3. bis 5. Januar zum zweiten Mal unter dem Titel „Circus Spektakel“ in der Ludwigsburger MHP-Arena gastiert.
Der 50-jährige Deutsche versteht sich selbst als kreativen Kopf und Mittler zwischen den Kulturen, aber für die Star-Artistin Ge Hu Shu Hong, die auch in der Barockstadt auf der Bühne stehen wird, ist er noch mehr, sie nennt ihn liebevoll „Papa“. Er wiederum nennt seine „chinesische Ziehtochter“, wie Schoregge sagt, „Dodo“. Diesen Spitznamen, der so viel wie „kleines Böhnchen“ bedeutet, hat die zierliche Artistin aufgrund ihrer Statur von ihrer Oma bekommen.
Beim Pressegespräch am Dienstag zeigt „Dodo“ spontan einige akrobatische Kunststücke, die sie auf einem etwas wackligen Tisch vollführt, dennoch konzentriert und präzise. „Ein chinesischer Artist macht keinen Handstand. Er ist der Handstand“, gibt Schoregge ein Sprichwort aus Fernost wieder. Die absolute Identifikation mit dem, was die Akrobaten tun, zeige die Einheit von Körper, Geist und Seele. Das werde an den mehr als 1000 Zirkusschulen, die in China verteilt sind, gelehrt, erklärt Schoregge. Die chinesische Akrobatik („Zaji“) kann auf eine 2000-jährige Geschichte zurückblicken und hat ihre Wurzeln in der Spiritualität Chinas, basierend auf Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus sowie dem Krieg. Den wohl wichtigsten Ursprung findet die chinesische Akrobatik aber im Teehaus. „Das erklärt auch, warum Teller, Stühle, Tische und Schirme – also Alltagsgegenstände – als Requisiten genutzt werden“, sagt Schoregge. Das sei noch heute traditionell so, daher gehörten auch keine Tiere in den chinesischen Zirkus. „Tiere hat es im chinesischen Zirkus nie gegeben. Nur Fabelwesen, die von Menschen gespielt werden.“ Es gehe darum, zu was der Mensch mit seinem Körper fähig ist. Um diese Fähigkeiten zu erlernen, besuchten die Artisten schon in jungen Jahren eine Zirkusschule, dort wird von sechs bis 16 Jahren gelernt. Zwischen 17 und 30 Jahren ist die aktive Bühnenzeit, danach beginnt die Generation der Lehrenden. Die für das „Circus Spektakel“ zuständige Choreografin Sun Qing Qing ist ein Beispiel dafür.

Ursprung im Teehaus

Die Teehäuser Chinas als Ursprung erkläre ebenfalls, warum nicht in Zelten aufgetreten werde, sondern „eher in Theatern oder Gebäuden wie der MHP-Arena“, sagt der Produzent, der von sich selbst sagt: „Ich habe auch etwas Ernsthaftes gelernt, nämlich Zirkusclown.“ Weltweit sei er bereits als Clown engagiert gewesen, unter anderem auch beim „Circus Krone“.
Die 33 aktiven Akrobaten des „Chinesischen Nationalcircus“, die in Ludwigsburg zu sehen sein werden, sind allesamt aus Hangzhou, der Hauptstadt der Provinz Zhejiang, die als Talentschmiede gilt. „Artisten haben in China einen Stellenwert wie bei uns Fußballer. Zirkus ist Teil der Hochkultur wie auch die Oper oder das Theater“, erklärt Schoregge. Deshalb seien die rund 1000 Zirkusgruppen in China staatliche Gruppen, die Akrobaten haben einen Status vergleichbar mit Diplomaten, so der Produzent.
In diesem Jahr ist der 50-Jährige nicht nur hinter den Kulissen aktiv, sondern tritt auch im Stück auf. „Der Familiencharakter der Vorführung soll gestärkt werden“, erklärt er. Die Akrobatik und die Aufhebung der Schwerkraft seien spektakulär, jedoch werden nun die komischen Elemente gesteigert. „Deshalb mache ich den Clown“, erklärt Raoul Schoregge aus Havixbeck bei Münster.

Mythologie als Basis

Thematisch geht es in der etwa zweistündigen Aufführung um die chinesische Sage „Die Reise nach Westen“ aus dem 16. Jahrhundert und dreht sich um den Affenkönig, der Buddha aus den Fängen böser Geister befreit, fasst Schoregge kurz zusammen. „In dieses asiatische Tohuwabohu verirren sich zwei europäische Clowns“, sagt der Produzent, unter dessen Obhut das Zirkus-Projekt schon seit knapp 20 Jahren ist.
Das „Circus Spektakel“ ist mit diesem Programm nur zwei Mal in Deutschland zu sehen, nämlich in Essen und in Ludwigsburg.

Info Die Vorstellungen in der MHP-Arena, Schwieberdinger Straße 30 in Ludwigsburg, finden von Freitag, 3., bis Sonntag, 5. Januar, statt. Am Freitag um 19.30 Uhr, am Samstag um 14.30 und 19.30 Uhr sowie am Sonntag um 11 und 15.30 Uhr. Karten gibt es online unter anderem bei Eventstifter.

www.ticket.eventstifter.de