Wenn man einer Spielsaison das Motto „Ins Ungewisse“ gebe, so Intendant Thomas Wördehoff in seiner Begrüßung am Samstagabend im ausverkauften Forum, dann „macht man das nicht ungestraft“. Anlass für diese Erkenntnis war die kurzfristige Programmänderung wegen einer Handverletzung von Amanda Forsyth. Deshalb musste diese das geplante „Doppelkonzert für Violine und Violoncello“ von Johannes Brahms, das sie mit ihrem Mann, dem Stargeiger Pinchas Zukerman zum Abschluss der diesjährigen Spielzeit der Ludwigsburger Schlossfestspiele spielen wollte, absagen musste.
Aber Pinchas Zukerman, dem zu Ehren anlässlich seines 70. Geburtstags das Abschlusskonzert gegeben wurde, entschied sich dafür, das „Violinkonzert Nr. 5, A-Dur“ von Wolfgang Amadeus Mozart zusammen mit dem Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele als Ersatz zu spielen. „Weicher kann man nicht fallen als Publikum“, meinte Thomas Wördehoff. Es spricht für das inzwischen hohe Renommee der Schlossfestspiele bei den Künstlern von Weltrang, wenn Pinchas Zukerman sagt, er sei „ein Freund von Ludwigsburg geworden“.

Grandiose Darbietung

So kam das Publikum in den Genuss einer wahrhaft grandiosen Darbietung, einem einzigartig gelungenen Dialog zwischen Pinchas Zukerman und dem Orchester, wie es schöner nicht hätte sein können. Zukerman brachte seine Geige zum Singen, ausdrucksvoll in seinen Soli, harmonierend im Zusammenspiel mit dem Orchester. Das begeisterte Publikum dankte es ihm nicht nur mit minutenlangem Applaus, sondern auch mit einem vom ganzen Saal gesungenen „Happy Birthday“-Geburtstagsständchen.
Damit war der Ausnahmekünstler aber noch nicht entlassen. Als Überraschungsgast spielte ihm zu Ehren die Violinistin Viviane Hagner zusammen mit dem Orchester der Schlossfestspiele eine furiose Interpretation von Camille Saint-Saëns „Rondo Capriccioso“. Anschließend ließ Thomas Wördehoff den Champagnerkorken knallen – ein Bild, das man auch nicht alle Tage im Forum zu sehen bekommt. Pinchas Zukerman äußerte sich in seiner Ansprache „sehr bewegt“. Musik käme immer aus dem Herzen, sagte Zukerman, und dankte dem Publikum mit den Worten: „Sie gehören zu uns und wir gehören zu Ihnen.“

Große Gefühle

Nach der Pause stand mit Gustav Mahlers „Sinfonie Nr. 1, D-Dur“, auch als „Titan“ bekannt, eine Komposition großer Gefühle auf dem Programm. Mahlers Musik ist geprägt von Extremen: Sanftheit und Vehemenz, zarte, leise Töne wechseln mit expressiven, lautstarken Passagen. Ein Parforceritt, den das Orchester der Schlossfestspiele in großer Besetzung unter der Leitung von Pietari Inkinen auf allerhöchstem Niveau präsentierte.
„Das war absolute Weltklasse“, meinte ein begeisterter Zuschauer nach dem Konzert, „so habe ich diese Sinfonie noch nie gehört.“ Besonders gefiel das präzise und stimmige Zusammenspiel. „Wir haben im Konzert alles gegeben“, so Pietari Inkinen anschließend im Gespräch mit der Bietigheimer Zeitung. „Das musikalische Vertrauen zueinander ist immer tiefer und tiefer gewachsen und ich hoffe, das Publikum hat das gespürt.“
Daran gab es keinen Zweifel, gemessen an der Begeisterung, die mit dem überwältigenden Schlussakkord einsetzte. Stehende Ovationen und minutenlanger Beifall krönten ein Abschlusskonzert, in dem wahre „Titanen“ der Musik aufeinandertrafen. Mozart und Mahler, Pinchas Zukerman und Pietari Inkinen, mehr ging nicht. Bleibt die Vorfreude auf die Saison 2019, der letzten unter der Intendanz von Thomas Wördehoff.