Salman Shahzads Schicksal wird wohl heute entschieden. Vor vier Jahren kam der Journalist aus Pakistan nach Deutschland, an diesem Mittwoch geht es beim Verwaltungsgericht Stuttgart darum, ob er in Sachsenheim bleiben darf oder wieder zurück in seine Heimat muss. „Ich hatte nie vor, Pakistan zu verlassen“, erzählt Shahzad auf Englisch. Er kann sich auf Deutsch verständigen, fühlt sich aber wohler, komplexe Themen – wie die zu seiner Flucht – auf Englisch zu erzählen.
Der BZ erzählt er, wie als Journalist über ein Kind berichtete, das von den Taliban missbraucht wurde. Nach Erscheinen des Artikels habe der Secret Service des Militärs seine Wohnung durchsucht und nach ihm gefahndet. Das Militär bilde einen Staat im Staat und halte seine Hand schützend über die Taliban. Shahzad versteckte sich zunächst bei einem Freund. „28 000 Menschen in Pakistan sind vermisst. Niemand weiß, wo sie sind“, spielt der 34-Jährige auf die Methoden des Secret Service an. Unliebsame Journalisten und andere Kritiker ließe die Organisation einfach verschwinden oder töten. „Ich habe schon tote Freunde im Arm gehalten, ich weiß wie so etwas enden kann“, sagt Shahzad.

Flucht als Arzt verkleidet

Er befolgt den Rat von Vertrauten und verlässt das Land. Mithilfe eines Freundes kommt er aus der Heimatregion raus. „Ich habe mich als Arzt verkleidet. Die sind hoch angesehen in Pakistan“, verrät der Journalist. Dann habe er sich in die Hände von Schleppern begeben. Erst in Bulgarien habe er überlegt, wo er hinwolle. Eigentlich sei für ihn wegen des Schutzes der Menschenrechte nur Frankreich oder Deutschland in Frage gekommen. Es wurde Deutschland weil er in Bayern auf sehr freundliche Polizisten getroffen sei. Nach einer kurzen Station in Heidelberg kam er dann nach Sachsenheim, wo er heute noch lebt. Mittlerweile arbeitet er als Hilfskraft in einer Schreinerei, betreibt aber weiter seinen kritischen Blog über Pakistan.
Nichts wünscht er sich mehr, als dauerhaft in Deutschland bleiben zu können und seine Frau, eine Lehrerin und sein kleines Kind nachzuholen. „Dankbarkeit würde nicht annähernd beschreiben, was das für mich bedeuten würde.“ Doch es stehe längst nicht fest, dass er bleiben darf. Laut Shahzad sei für eine Anerkennung seines Asylantrags problematisch, dass es laut offiziellen Stellen keine Verfolgung von Journalisten von staatlicher Seite gebe.

Gefährlich für Journalisten

Für das Verwaltungsgericht Stuttgart erklärt Sprecherin Ulrike Zeitler, dass eine politische Verfolgung theoretisch auch dann gegeben sein könne, wenn durch bestimmte Organisationen Gefahr drohe und der Staat nicht davor schützen könne. Wichtig sei aber auch, ob man in dem Herkunftsland selbst Zuflucht in einer anderen Region finden könne. Im Speziellen hänge aber viel vom Vortrag des Betroffenen bei Gericht ab, so Richterin Zeitler.
„Pakistan gehört weltweit zu den fünf gefährlichsten Ländern für Medienschaffende“, sagt Anne Renzenbrink von Reporter ohne Grenzen, einer Organisation, die Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit dokumentiert. Dies geht aus der Jahresbilanz der Pressefreiheit 2019 hervor. Auf der Internetseite von Reporter ohne Grenzen findet sich auch ein Bericht über entführte Blogger in Pakistan. „Medien in Pakistan geraten vor allem ins Visier des ,Staats im Staate’ – ein Euphemismus für das mächtige Militär und die Geheimdienste des Landes, schreibt Reporter ohne Grenzen. Seit dem Parlamentswahlkampf im Juli 2018 habe sich die Lage der Pressefreiheit weiter verschlechtert, nachdem kritische Medien wiederholt zensiert sowie Journalisten bedroht und tätlich angegriffen wurden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war am Dienstag für eine Stellungnahme zu dem Themenkomplex nicht zu erreichen.

Überschrift Infokasten einzeilig

Anlauf steht hier Text für einen dreispaltigen Infokasten. bz