Die Lage sei viel schlimmer als zu Schuljahresbeginn angenommen, das ist das Fazit der Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz. Und ihre Kollegen aus dem Kreis Ludwigsburg, die GEW-Kreisvorsitzenden Martin Hettler und Inken König, bestätigen das auch für den Schulbezirk Ludwigsburg. „Zu Beginn des Schuljahres 2018/19 hatten wir eine Lehrerversorgung an den Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) des Bezirks von 93 bis 98 Prozent“, sagt Inken König, „jetzt ist die Versorgung deutlich unter 90 Prozent. An manchen Schulen liegt sie unter 80 Prozent und das ist schon spürbar.“
Lage an Realschulen schlecht
Vor allem an den Realschulen sei die Lage dramatisch, es gebe zu viele nicht besetzte Lehrerstellen durch Krankheit, weil die Reservedeputate aufgebraucht seien. „Wenn ein Lehrer während des Schuljahres wegfällt, kann er nicht ersetzt werden“, sagt die GEW-Vorsitzende Moritz und fordert deshalb eine Aufstockung der Reservedeputate von zwei auf fünf Prozent der fest eingestellten Lehrkräfte.
An den SBBZ im Kreis kann Inken König die fehlenden Stellen konkret benennen: „Es gab zu Beginn des Schuljahres zwölf offene Stellen, nur zwei wurden besetzt, zehn blieben offen.“ Das bedeute, dass in Inklusionsklassen, vor allem an Gemeinschaftsschulen, die Betreuung die meiste Zeit von nicht-sonderpädagogisch geschulten Lehrern wie vorgesehen, sondern von den normalen Lehrkräften getätigt wird. „Eigentlich sollten es drei Wochenstunden sein, in denen ein Sonderpädagoge in den inklusiven Klassen ist, Fakt sind 1,6 Stunden“, sagt Inken König.
Der Schulbezirk Ludwigsburg, so Martin Hettler, sei bis vor drei bis vier Jahren noch ein Landkreis gewesen, „mit bester Lehrerversorgung, da waren wir nahe an 100 Prozent“. Er gehöre zwar immer noch nicht zu den Problembezirken mit vielen „schwer zu besetzenden Schulen“, aber er sei auch für Lehrkräfte, die sich zu 75 Prozent direkt an den Schulen bewerben und sich aussuchen könnten, wohin sie gehen, nicht mehr attraktiv. „Die Lebenshaltungs- und Mietkosten im Kreis Ludwigsburg sind vielen zu hoch, Wohnungen gibt es kaum“, sagt Hettler. Der Lehrermangel sei deutlich an den Schulen spürbar. Förderunterricht und Sprachförderung würden als erstes gestrichen, obwohl gerade das dringend notwendig sei. „Die Schulen werden kritisiert, weil die Schüler nicht gut sind, aber an vielen Schulen wird der Betrieb nur noch am Laufen gehalten“, so Doro Moritz. Wegen des Lehrermangels demonstrierten die 400 Teilnehmer der Personalversammlung im Anschluss vor der PH. Es gehe schon lange nicht mehr darum, die Situation zu verbessern, „wir müssen wenigstens die Situation von heute halten“, sagt Inken König.
Situation im Schulbezirk Ludwigsburg
Laut Ellen Seybold, der Vorsitzenden des Personalrats des Staatlichen Schulamts Ludwigsburg, ist die Versorgung seit Schuljahresbeginn insgesamt angespannt. In der Gemeinschaftsschule und den SBBZ konnten bis zu 20 Prozent der Stellen nicht besetzt werden, an den Sonderschulen mit Tendenz nach unten. In allen Schularten liegt die Lehrerversorgung deutlich unter 100 Prozent, eine Vollversorgung des Unterrichts ist zum Großteil nicht mehr möglich oder nur durch befristet Beschäftigte. Davon gibt es im Schulbezirk 60. An den Realschulen ist der Pflichtbereich schon jetzt deutlich unterbesetzt.
Deshalb fordert die GEW: Erhöhung der Altersermäßigung von zwei Wochenstunden auf fünf Wochenstunden, damit mehr Lehrkräfte bis zur gesetzlichen Altersgrenze arbeiten. Bisher gehen 26 Prozent der Lehrer davor in Pension.
Die Vertretungsreserve, also die Zahl der fest angestellten Vertretungslehrer, soll von zwei auf fünf Prozent erhöht werden. Arbeitslose Gymnasiallehrer sollen für andere Schularten eingestellt werden.
Zusätzliche Studienplätze für das Primärstufenlehramt und die Sonderpädagogik sollen angeboten werden. In diesem Schuljahr wurden an der PH Ludwigsburg nur 50 Studienplätze für Grundschullehrer mehr eingerichtet. Die Weiterqualifizierung von Hauptschullehrkräften zu Sonderpädagogen soll ausgebaut werden.
Das Grundschulstudium soll aufgewertet werden durch die Verlängerung auf zehn Semester und die Besoldung nach A 13 anstatt nach A 12.
Lehrkräfte mit Studium „Deutsch als Zweitsprache“, die befristet eingestellt wurden, sollen nach einer Weiterqualifizierung unbefristet eingestellt werden.
Das Referendariat soll auch in Teilzeit absolviert werden können. Mehr Geld für die Referendare wird gefordert. Das Land Sachsen zahlt ab Januar 2019 eine Zulage bis zu 1000 Euro, wenn das Referendariat im ländlichen Raum oder schwer zu besetzenden Schulen absolviert wird. sz