Was hat der DRK-Kreisverband nicht alles erlebt in den vergangenen 15 Jahren: Finanzkrisen, geschasste Geschäftsführer, Misswirtschaft und schier endlose Personalquerelen. Zuletzt hat sich der 2015 als Sanierer geholte Gesundheitsmanager Manfred Hormann mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat derart überworfen, dass keine Zusammenarbeit mehr denkbar war.
Nun soll alles anders werden. Der ehrenamtliche Kreisvorstand um den 77-jährigen Ingersheimer Walter Adler hat kräftig aufgeräumt: Hormann musste Ende Juni gehen, in vielen Gesprächen und Besuchen auf Rettungswachen wurden die Konflikte aufgearbeitet. Am 1. Oktober fängt ein neuer Geschäftsführer an: Wolfgang Breidbach, bislang in gleicher Funktion in Böblingen tätig, wurde unter sechs Kandidaten ausgewählt.
„Er ist auf eigenen Wunsch an uns herangetreten“, sagt Adler, „wir betreiben keine Abwerbung.“ Man sei überzeugt von seinem Führungsstil und seiner Kompetenz. Der Böblinger Kreisverband gilt als gut aufgestellt und professionell organisiert. „Sie sind dort, wo wir in Ludwigsburg vor zehn oder 15 Jahren auch mal standen“, sagt Walter Adler, der seit 50 Jahren im DRK ist und früher selbst Bereitschaftsleiter im Kreis war.
Breidbach sucht eine neue Herausforderung – die er in Ludwigsburg zweifellos finden wird. Den Ausschlag hat am Ende auch seine Kenntnis der örtlichen und landesweiten Verhältnisse gegeben – eine Einarbeitungszeit benötigt er nicht. Die erste Herausforderung wird sein, die finanzielle Lage zu stabilisieren. Zwar wurde in diesem Jahr knapp eine „schwarze Null“ erreicht, doch von dauerhaft profitablen Verhältnissen ist das Rote Kreuz weit entfernt. In der Vergangenheit haben wegen des schlechten Betriebsklimas viele Fachkräfte gekündigt und wechselten zur Konkurrenz, Angebote wie der prestigeträchtige Rettungswagen am Ludwigsburger Klinikum mussten aufgegeben werden. Doch das Ziel ist nicht nur eine Stabilisierung des aktuellen Niveaus.
„Wir müssen neue Geschäftsfelder erschließen“, sagt Walter Adler, der sich seit einer Satzungsänderung auf der Hauptversammlung „Präsident“ nennt und einen von 31 auf 20 Mitglieder verkleinerten Vorstand unter sich hat. So könnten etwa die mobilen sozialen Dienste ausgebaut werden. „Das Rote Kreuz muss wieder präsenter sein“, so die Vorstellung des Präsidiums.

Vergleich mit Arnim Bauer

Eine Altlast wurde noch vor dem offiziellen Amtsantritt von Wolfgang Breidbach abgeräumt: der Rechtsstreit um die Kündigung des langjährigen Pressesprechers Arnim Bauer. Der Ex-Geschäftsführer Hormann hatte ihn 2018 fristlos entlassen, weil er im DRK-Amtsblatt vorsichtige Kritik an der Arbeit der Geschäftsführung geäußert hatte. Einen ersten Prozess verlor das DRK mit Pauken und Trompeten vor dem Ludwigsburger Arbeitsgericht.
Dennoch zog Hormann nach Stuttgart in die nächste Instanz, entgegen dem Rat des DRK-Justiziars. Der für die Verhandlung angesetzte Termin am Dienstag wurde jedoch aufgehoben – beide Seiten einigten sich auf einen Vergleich. Der DRK-Kreischef Walter Adler will die Lage beruhigen und sagt über Hormann: „Er war ein hervorragender Finanzfachmann, ohne ihn hätten wir Insolvenz anmelden müssen. Aber er konnte mit seinen Mitarbeitern nicht gut umgehen.“ Es gebe auch keine Rechtsstreitigkeiten mit dem Betriebsrat mehr. So kann Wolfgang Breidbach unbefangen sein neues Amt antreten. Am Dienstag soll er den Mitarbeitern bei einem Stehempfang vorgestellt werden, in den folgenden Tagen dann auch der Öffentlichkeit.
Beim Böblinger DRK-Kreisverband bedauert man seinen Weggang. „Wir verlieren einen guten Mann, der 22 Jahre eine hervorragende Arbeit gemacht hat“, sagt der Böblinger DRK-Präsident Michael Steindorfner. Dass man wirtschaftlich und finanziell gut dastehe und kostendeckend arbeite, sei auch sein Verdienst. Steindorfner sieht die Stärken des derzeit im Urlaub weilenden Geschäftsführers darin, einen „guten Riecher“ für die wirtschaftliche Situation zu haben: „Er hat ein Gespür dafür, was finanziell möglich ist, und tritt in Verhandlungen mit den Kostenträgern stark auf.“ Die Böblinger haben die Stelle vor einer Woche neu ausgeschrieben und warten nun auf Bewerber.
In Ludwigsburg sind die DRK-Mitarbeiter gespannt auf den Amtsantritt von Wolfgang Breidbach – und hoffen, dass nach 15 Jahren Krisenmodus endlich wieder Ruhe einkehrt.

Überschrift Infokasten einzeilig

Anlauf steht hier Text für einen dreispaltigen Infokasten. bz