Drogenkonsum ist für einige Schüler im Landkreis Ludwigsburg kein Tabu. Schulen versuchen, dagegen mit Prävention vorzugehen. In welcher Form sie stattfindet, berichten Schulleiter aus der Region.
Für Hartmut Meier, Rektor an der Gottlieb-Daimler-Realschule in Ludwigsburg sind Drogen vor allem ein gesellschaftliches Problem, das nicht erst in jüngster Zeit Fahrt aufgenommen hat. Seine eigenen Beobachtungen machen vor allem Alkohol und Cannabis als am häufigsten konsumierte Drogen aus. Harte Drogen wie Crystal Meth und Heroin spielen laut Aussagen des Rektors keine Rolle auf dem Schulhof.
Die Schule nimmt sich frühzeitig der Problematik „Drogen und Sucht“ an. Ein von der Schule entwickeltes Schulcurriculum schreibt vor, dass in den Klassenstufen 5 und 6 vor allem der mögliche Gesichtsverlust in den sozialen Gruppen der Kinder thematisiert wird, wenn man beim Drogenkonsum nicht mitmacht. So soll den Kindern von einer Sozialarbeiterin und einer Lehrerin „Rüstzeug mitgegeben werden, um Nein zu sagen“, erklärt Meier. Ab der 8. Klasse übernimmt die Polizei die Aufklärung. Auf Anfrage sprechen die Beamten über legale und illegale Drogen. Um das Verständnis zu unterstützen, werden auch im Biologieunterricht die Folgen von Alkohol und Rauchen besprochen.
Für Meier wären auch externe, kostenpflichtige Angebote wünschenswert. „Leider gibt es dafür jedoch kein Geld im Schulhaushalt. Bedarf wäre auf jeden Fall da, weil nicht alles von der Schulsozialarbeit abgedeckt werden kann.“
Nina Flörchinger-Lörchner unterrichtet an der Justinus-Kerner-Gemeinschaftschule in Ludwigsburg. Sie erzählt: „ Wir bilden Schüler der Klasse 8 als Schülermultiplikatoren zum Thema ,Sucht‘ aus. Die gestalten dann die Suchtpräventionstage für die 7. Klassen mit.“ Die Schule arbeitet mit der Suchthilfe Caritas zusammen.
Am Lichtenstern-Gymnasium in Sachsenheim sind Drogen kein zentrales Problem, vielmehr sei die exzessive Nutzung von Smartphones und Computern ein Thema, das mit externen Experten anhand Schülerworkshops thematisiert wird. An der Eichwald-Realschule in Sachsenheim sagt Sascha Renner: „Wir sind in der komfortablen Situation, im Kollegium zwei vom Regierungspräsidium ausgebildete Präventionsbeauftragte zu haben, die uns bei allen Fragen der Präventivarbeit unterstützen.“
Am Beruflichen Schulzentrum Bietigheim-Bissingen (BSZ) werde ebenso präventiv agiert, im Gegensatz zur „anlassbezogenen“ Herangehensweise bei früheren Fällen. Die Inhalte werden teils in den Unterricht der 14- bis 15-jährigen integriert. Ebenso werden externe Angebote, wie zum Beispiel Vorträge von ehemaligen Süchtigen, genutzt. Die Präventivmaßnahmen decken aufgrund der Vielzahl der Schüler Tabak, Alkohol, Cannabis und weniger vertretende illegale Drogen wie Crack oder künstliche chemische Substanzen ab. Grundsätzlich, so Ranzinger, sei man der Meinung, dass junge Menschen weniger empfänglich für Drogen seien, wenn es ihnen gut gehe. Insgesamt beurteilt der Schulleiter des BSZ die Entwicklung in der Drogenprävention als positiv. Bei Verstößen gebe es eine „Null-Toleranz-Politik. Nur so sei die Drogenprävention an der 2200 Schüler zählenden Schule gewährleistet. Dieser Ansatz zeige Erfolg: „Der letzte Verstoß liegt zwei Jahre zurück.“
„Wir schauen nicht einfach weg“, sagt Hanspeter Diehl, der Schulleiter der Realschule Bissingen zum Thema Drogen. Auf die Frage, welche Drogenarten von Schülern bevorzugt werden, antwortet auch er: „Alkohol, Zigaretten und Marihuana“. Allerdings stellt er eine „wellenförmige Entwicklung des Drogenkonsums“ fest. Er könne daher nicht von einem Anstieg oder Rückgang sprechen. Was er jedoch betont, ist, dass Drogenprophylaxe ein „fest verankerter Baustein im Schulcurriculum“ ist. Mit Workshops wie „Be smart, don’t start“ versucht die Schule, den Gruppenzwang zu unterbinden. Im Gegensatz zu früher gebe es das klare Ziel: „das Selbstwertgefühl des Schülers zu stärken“. Aber auch die Eltern holt die Schule mit ins Boot: Am 29. Januar findet in der Schule ein Infoabend statt. Außerdem gibt es in der Schule eine Präventionslehrkraft. „Darüber sind wir sehr froh“, so Diehl.
Innovative Aufklärung
Ab der 8. Klasse werden Schüler der Sophie La Roche-Realschule in Bönnigheim auf die Folgen des Drogenkonsums aufmerksam gemacht. Sowohl die Polizei als auch eine Theatergruppe, bestehend aus ehemaligen Drogenabhängigen, besuchen die Schule, um Jugendliche zu informieren. Die „Wilde Bühne“ aus Stuttgart weist Jugendliche mit ihrer interaktiven Theateraufführung auf die Gefahren hin.
Präventiv leistet aber auch die Polizei mit ihrer Präsenz viel Arbeit an den Schulen. Doch was geschieht, wenn es schon zu spät ist und es bereits zu einem Drogendelikt gekommen ist? Polizeisprecherin Tatjana Wimmer berichtet, dass es zwei Möglichkeiten gibt, den Tätern auf die Schliche zu kommen: „Entweder jemand meldet sich, oder die Polizei bekommt es durch eine abendlichen Streife über einen Schulhof mit. In beiden Fällen werden die Ermittlungen aufgenommen und der Austausch (anonymisiert in Bezug auf Tatverdächtige) mit der Schule gesucht.
Tendenz steigend
Die beliebteste Droge? „Am meisten wird Cannabis konsumiert, alle weiteren Drogenarten spielten in dieser Altersgruppe keine oder kaum eine Rolle“, sagt Wimmer und ergänzt: Im Jahr 2017 wurden 184 Minderjährige wegen Besitz und Erwerb von Cannabis im Landkreis Ludwigsburg zur Anzeige gebracht. Ein Jahr zuvor waren es 183. Die Tendenz für das Jahr 2018 ist steigend.“
Die Kriminaloberkommissarin Tanja Wittke vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums Ludwigsburg rät Lehrern und Eltern, frühzeitig mit den Betroffenen zu sprechen. Ansprechpartner seien Schulsozialarbeiter und Drogenberatungsstellen. Bei Handelsdelikten, insbesondere bei wiederkehrenden, sollten Maßnahmen zur strafrechtlichen Verfolgung wie eine Anzeige bei der Polizei, in die Wege geleitet werden.
Rauschgiftdelikte an Schulen
Laut Polizeistatistik belaufen sich im Jahr 2014 die Rauschgiftdelikte an Schulen in Ludwigsburg auf 19 und in Bietigheim-Bissingen auf 10. 2015 waren es 28 in Ludwigsburg, 2 in Bietigheim-Bissingen, einer jeweils in Sachsenheim und Bönnigheim und 5 in Besigheim. 2016 kam es zu 24 Drogendelikte in Ludwigsburg und sieben in Sachsenheim. Im Jahr 2018 waren es 28 in Ludwigsburg, 7 in Bietigheim-Bissingen und jeweils einer in Sachsenheim und Bönnigheim.
Die Tendenz im Jahr 2018 ist in Ludwigsburg steigend und in Bietigheim leicht gefallen. In Sachsenheim, Bönnigheim und Besigheim besteht kaum eine Veränderung.
Allerdings weist die Polizei daraufhin, dass die Schulen nicht einzeln erfasst werden, da dies zu aufwendig wäre. ifi