Der DRK-Kreisverband Ludwigsburg kommt seit einiger Zeit nicht mehr aus den Schlagzeilen. Unzufriedene Mitarbeiter, Arbeitsgerichtsprozesse, Personalmangel, Probleme im Rettungswesen und zuletzt die Kündigung des Geschäftsführers legen den Verdacht nahe, dass es drunter und drüber beim Roten Kreuz geht und die handelnden Personen zerstritten sind.
Beim Gespräch mit der BZ in der Rotkreuzzentrale in Ludwigsburg, an dem der Kreisvorsitzende Walter Adler, der Geschäftsführer Manfred Hormann und Pressesprecher Steffen Schassberger teilnehmen, sind alle bemüht diesen Eindruck zu widerlegen. Man trifft sich in Hormanns Büro, die Stimmung ist leicht angespannt, den handelnden Personen ist auch klar, dass das DRK in letzter Zeit nicht mit positiven Schlagzeilen von sich Reden machte. Und dennoch, auch wenn es unterschiedliche Ansichten zwischen Vorstand und Geschäftsführer gibt, man gehe nicht im Bösen auseinander, betont Adler. Aber eins nach dem anderen.
Kündigung des Geschäftsführers
Am Anfang steht die einfache Frage an Hormann: Warum haben Sie gekündigt? Der scheidende Geschäftsführer holt aus. Er sei 2015 als erfahrener Sanierer gekommen, um den verschuldeten Ludwigsburger Kreisverband zu sanieren. Das bedeute auch mal unangenehme Entscheidungen treffen zu müssen. „Ich bin jemand, der mit ganzem Herzen an die Arbeit geht“, sagt Hormann. Aus einem Millionen-Defizit pro Jahr als er angefangen habe, habe er im Geschäftsjahr 2017 ein Plus von 47 000 Euro und 2018 von 150 000 Euro gemacht, so Hormann. Für diese Arbeit müsse er die volle Rückendeckung des Vorstands spüren. Dieser habe aber unter anderem auch durch die Schlagzeilen um verlorene Arbeitsgerichtsprozesse und unzufriedene Mitarbeiter sehr viel öffentlichen Druck gespürt, analysiert Hormann. Gerade diese Rückendeckung habe er zuletzt nicht mehr so gespürt und daraufhin seinen Posten angeboten.
Sein Gegenüber, der Kreisvorsitzende Adler, bestätigt im Grund die Einschätzung Hormanns. Ja, man habe ihn damals geholt, um den Kreisverband zu sanieren und das treibe er auch voran. Adler sagt aber auch, dass Fehler gemacht wurden. Zu Beginn habe man sich gut verstanden, aber zwischen dem ehrenamtlichen Kreisvorsitzenden und dem Geschäftsführer seien Entscheidungen auch heiß diskutiert worden. Der Druck, den Adler spürte, scheint dabei auch aus dem Kreisverband heraus zu kommen. Man gewinnt das Gefühl, dass die Beziehung der beiden (Adler und Hormann) durch den Druck, der vor allem Adler zu spüren bekommen hat, gelitten hat. Die grundsätzliche gegenseitige Wertschätzung ist aber geblieben und so sei es ihm, Adler, auch nicht leicht gefallen die Kündigung anzunehmen.
Prozesse am Arbeitsgericht
Mehrfach ist der Kreisverband in der vergangenen Zeit unter Hormanns Führung wegen Streitigkeiten mit Mitarbeitern und Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht gelandet. An manchen Stellen wird sogar von einem Machtkampf mit dem Betriebsrat gemutmaßt. Aufsehenerregend war auch die Kündigung des alten Pressesprechers wegen unliebsamer Kommentare im Mitteilungsblatt des DRK-Kreisverbands. Bei einer Sanierung mache man sich nicht nur Freunde, sind sich Adler und Hormann einig. „Wichtig ist aber, dass wir bis auf einen alle Prozesse gewonnen haben“, sagt Hormann. In einem Fall sei es zum Beispiel um eine Tätlichkeit gegangen, da habe der DRK-Justiziar empfohlen das vor Gericht klären zu lassen.
Engpass im Rettungswesen
Der Kreisverband hat im Rettungswesen mit einem Personalengpass zu kämpfen und musste so sein Angebot herunterfahren. Das Auffangen mit Freiberuflern hat zu Zwist mit dem Betriebsrat geführt. Für Horman liegt die Ursache im Personalmangel auf dem Gebiet einer Gesetzesänderung und dem Verschlafen der daraus resultierenden Entwicklung. So dürfte ein Rettungsassisten in Zukunft nicht mehr als erster Mann an Bord eines Rettungswagens eingeteilt sein. Die Rettungsassistenten sollen durch Notfallsanitäter ersetzt werden. „Früher konnten wir Zivildienstleistenden oder FSJ-ler nach ihrem Dienst mit einer halbjährlichen Zusatzausbildung zum Rettungsassistenten weiterbilden, heute brauchen wir Notfallsanitäter“, so Hormann. Die Ausbildung zum Notfallsanitäter dauere drei Jahre. Als er 2015 ankam, habe man reagiert und gleich mit der Ausbildung von Sanitätern begonnen, aber die Ausbildung dauere eben. Zudem würden die begehrten Sanitäter auch abgeworben – etwa von Werkssanitätsdiensten, die besser bezahlten. In den nächsten Jahren soll sich die Situation entspannen.
Das soll auch für die neue Rettungswache in Murr gelten, die in einem Gebiet errichtet wurde, wo eigentlich keine Rettungseinrichtung erlaubt sei. Das habe weder die Gemeinde noch das DRK gewusst. Mit einer vorläufigen Genehmigung darf die Wache trotzdem genutzt werden, bis durch eine Bebauungsplanänderung die Rechtmäßigkeit hergestellt ist.
Wie es weitergeht
Der letzte Arbeitstag von Hormann steht noch nicht fest, wahrscheinlich im Juni. Wichtig ist Hormann, dass die Sanierung „weiter gehen muss“. Man müsse weiter arbeiten, um die historische Schieflage auszugleichen und die Schulden in Millionenhöhe abzubauen. „Das ist keineswegs üblich bei den Kreisverbänden im Land“, sagt Hormann zur finanziellen Lage der Ludwigsburger. Persönlich sei er bereits im Rentenalter.
Der Kreisverband wird wohl eine Weile ohne Geschäftsführer auskommen, meint Adler, der aber auch vom Landesverband Hilfe angeboten bekommen habe. Auch dank der strukturellen Arbeit Hormanns lauf das DRK mit den einzelnen Bereichsleitern eine Zeitlang ohne Geschäftsführer. „Ich werde aber nicht abrupt aufhören. Für die Mitarbeiter bin ich die Gallionsfigur vorne dran und ich helfe weiter mit Rat und Tat“, so Hormann und dann fügt er an: „Es geht schließlich um unseren Kreisverband.“ Walter Adler nimmt den Ball auf und erklärt, dass Manfred Hormann seit Jahrzehnten ein aktiver Rotkreuzler sei und das auch bleiben soll.
Misswirtschaft als Hypothek
Nach jahrelanger Misswirtschaft leitete 2011 der damalige Vize-Landrat Utz Remlinger als neuer Vorsitzender eine Umkehr im Kreisverband des DRK ein, gemeinsam mit Karl-Heinz Spitznagel vom Landesverband als Sanierer. Damals war von 6 Millionen Euro Schulden zu hören. Jährlich betrug das Defizit Hundertausende Euro. Manfred Hormann wurde 2015 als neuer Geschäftsführer mit der weiteren Sanierung beauftragt. Der Ingersheimer Walter Adler wurde 2011 zum Stellvertreter Remlingers und 2017 zum neuen Kreisvorsitzenden gewählt. 2017 schrieb das DRK erstmals wieder schwarze Zahlen. bz