Was auf der Alb der Waldkindergarten, ist im Norden Deutschlands der Bauernhofkindergarten. Das „Haus für Kinder“ der Gemeinde Westerheim hat dieses Pädagogikkonzept aufgegriffen. Vier Monate lang erlebten die Kinder Bauernhof pur. Das bedeutete: Kühe füttern, melken, Stroh einstreuen, aber auch draußen auf dem Acker Steine lesen, säen, pflügen.
Offen und ohne jeden Zwang war dieses Projekt gestaltet, doch jedes der 17 Kinder war mit Eifer dabei, berichtet Kinderhausleiterin Kerstin Staub. Frühkindliche Wertebildung, vermittelt durch die Nähe der Natur und Umwelt, ist das erste Ziel der Bauernhofpädagogik. Das Bewusstsein für die Arbeit in der Landwirtschaft mit Lebensmittelproduktion und Landschaftspflege soll geschaffen werden. Mit großer Begeisterung gingen die meisten der Fünf- bis Sechsjährigen ans Werk. Heute auf dem Acker, gestern bei der Kuschelkuh oder den süßen Kälbern. Ängste vor den großen Kühen? Iwo. „Toll“, staunte Paul, „die fressen mir sogar aus der Hand“.
Bauer Ingo Hiller machte seine kleinen Knechte und Mägde auch mit früheren Methoden der Landwirtschaft bekannt. Mit lautem Hurra zog die Kinderschar einen alten Handpflug durch den Ackerboden. Wen Steine lesen oder Stall ausmisten nicht lockten, der befriedigte seinen Forscherdrang an anderen Plätzen im Hof. Mit Fantasie bastelten Kinder Strohpuppen und beim Austoben im duftenden Heu hallte das Kinderlachen über den ganzen Hof.
Neben der Vermittlung der Aufgaben des Landwirts hat die Bauernhofpädagogik die Kinder als die künftigen Verbraucher mit im Fokus. Wie viel Milch gibt eine Kuh, was entsteht daraus alles? Was wächst auf den Feldern und wie wird das Getreide verwendet? Vermittelt wurde das den Kindern auf dem Westerheimer Bauernhof der Familie Hiller. Neben den Arbeiten auf dem Hof und dem Feld mit dem Bauern durften sie mit der Landwirtin Käse herstellen und Brot backen. Der Familie ist daran gelegen, das Verantwortungsgefühl der Kinder für Menschen, Tier und Natur frühzeitig zu prägen. Ein Grund, weshalb das Landwirtspaar sich und seinen Hof für das Bauernhofprojekt angeboten hatte.
Vier Monate lang waren die Kinder einmal wöchentlich einen ganzen Tag lang auf dem Hof. So erlebten sie die unterschiedlichen Jahreszeiten und den damit verbundenen Arbeitswandel auf dem Bauernhof. Tage voller Aufregungen und neuer Eindrücke. Tage, die begeisterten.
Im Frühjahr geht’s weiter
„Nach den Bauernhoftagen plapperten die Kinder zu Hause den Eltern die Ohren voll und konnten es kaum erwarten, wieder auf den Hof zu kommen“, weiß Kerstin Staub von Berichten der Eltern. Drei Erzieherinnen waren bei diesem Projekt mit den Kindern stets auf dem Hof, die Eltern unterstützten es, indem sie Taxi spielten. Denn der Hof auf dem Heuberg ist doch eine gute Ecke außerhalb des Dorfes. Das Projekt im Rahmen des Leitbildes vom Haus für Kinder „Die Zukunft liegt in den Händen unserer Kinder“ wird in den Wintermonaten ausgewertet. Im nächsten Frühjahr wird das „Hoferleben“, wie Kerstin Staub sagt, wieder starten.