Cyberangriffe: ein Thema, das für Firmen in Deutschland längst zum Alltag gehört. Konzerne, auch kleine und mittelständische Unternehmen sind regelmäßig Hackerattacken ausgesetzt. „In unserer Region gab es in letzter Zeit eine ganze Welle – bei größeren Firmen, aber auch gegen eine Stadtverwaltung“, sagt Ingo Biesinger, Geschäftsführer der Biesinger GmbH in Haigerloch.
Deshalb initiierte das Werkzeug- und Formenbau-Unternehmen Anfang März einen Vortrag, um mehr Sensibilität für Cybersicherheit zu schaffen. Teilgenommen haben Firmenvertreter verschiedener Branchen aus der Region und Persönlichkeiten aus der Politik und von Verbänden.
Zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik nahmen an der Vortragsveranstaltung über Cybersicherheit teil.
Zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik nahmen an der Vortragsveranstaltung über Cybersicherheit teil.
© Foto: Firmenfoto
Die drei Geschäftsführer Gregor, Ingo und Jörg Biesinger bekam kurz vor dem Vortrag die Relevanz des Themas im eigenen Unternehmen zu spüren: „Wir haben massive Angriffe auf unsere Firewall festgestellt. Zum Glück hat sie gehalten und es ist nichts weiter passiert“, sagen die Unternehmer im Nachhinein.

Hohe Verluste durch Spionage, Sabotage und Datendiebstahl

Wie Markus Schäffter, Professor für Datenschutz und Informationssicherheit an der TH Ulm, und Reinhold Hepp, Polizeivizepräsident a. D., in ihrem Vortrag „Cybersicherheit bei kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland“ aufzeigten, kommen andere Firmen nicht immer so glimpflich davon: Laut einer HDI-Studie von 2022 war über ein Drittel der befragten Unternehmen im Untersuchungszeitraum von erfolgreichen Cyberangriffen betroffen. Allein in den Jahren 2019 bis 2021 stieg der durch Ransomware verursachte Schaden von 5,3 auf 24,3 Milliarden Euro. Für die deutsche Wirtschaft ging man 2022 von einem durch Spionage, Sabotage und Datendiebstahl verursachten Verlust von 203 Milliarden Euro aus. „Dafür zu sensibilisieren, ist enorm wichtig“, so Biesinger.
Neben Unternehmensvertretern besuchten den Vortrag deshalb unter anderem Ralf Dürrwächter, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF), Heiko Lebherz, Bürgermeister von Haigerloch, sowie die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, die hier in ihrem Wahlkreis Balingen ein „Heimspiel“ hatte. „Kriminalität im Netz ist ein Riesenthema – viele Unternehmen legen aktuell noch zu wenig Wert auf Sicherheit und sind gefährdet“, bestätigte die Ministerin.
Für die Leitung der Biesinger GmbH war der Vortrag ein willkommener Anlass, die Strukturen im eigenen Unternehmen noch einmal unter die Lupe zu nehmen: „Natürlich waren alle Mitarbeitenden, die am Computer arbeiten, beim Vortrag anwesend und wurden entsprechend aufgeklärt“, so Ingo Biesinger. Auch die Einführung eines zusätzlichen Rechners, der nicht mit dem Firmennetzwerk verknüpft ist, um nicht sicher scheinende Mails zu öffnen, wird zurzeit projektiert.

Appell an die Politik

Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage wünscht sich Ingo Biesinger nicht nur mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema, sondern auch konkrete Maßnahmen seitens der Politik: „Um in der Energiekrise zu bestehen, gab es geförderte Beratungsangebote für Unternehmen. Eine Anlaufstelle auch für den Bereich Cybersicherheit würde vielen helfen“, dessen sei er sich sicher. „Welches kleine Unternehmen kann schon einschätzen, wie gut der eigene EDVler ist? Da wäre ein objektiver Blick von außen hilfreich“, fügt der 37-jährige Unternehmer hinzu.
Dass sich die Zahl der Softwareschwachstellen in Unternehmen seit dem Jahr 2000 bis heute um etwa das 20-gfache erhöht habe, zeige die Brisanz: „Und im privaten Bereich dürfte es wohl ähnlich aussehen: Wer kennt sie nicht, die Junkmails, die versuchen, Kontodaten abzugreifen…“, gibt Ingo Biesinger zu bedenken. Klar ist für ihn jedenfalls: „Die kriminelle Energie in diesem Bereich ist derzeit so hoch wie nie.“