Nach zweijähriger Pause bietet die Nabu-Gruppe Haigerloch-Rangendingen dieses Jahr wieder Führungen rund um das Thema Naturschutz an. Bei der nächsten Führung am Samstag, 28. Mai, nimmt der Nabu Interessierte gerne mit auf eine faszinierende Reise durch den Lebensraum von „Steinkauz & Co.“, also in die Welt der kleinen und großen Eulen. Treffpunkt ist um19 Uhr am Wanderparkplatz beim Friedhof in Trillfingen.
Der Steinkauz (Athene noctua), benannt nach der griechischen Göttin der Weisheit, ist nach fast 60 Jahren wieder in den Raum Haigerloch zurückgekehrt. Ausgerechnet in den Obstwiesen nicht weit vom „Sitz der Weisheit“ zwischen Trillfingen und Bad Imnau hat im Jahr 2021 erstmals wieder ein Steinkauzpaar drei Junge aufgezogen.
„Ein richtig tolles Erlebnis, junge Steinkäuze in unserer näheren Umgebung zu sehen“, so Siegfried Fechter vom Nabu Haigerloch-Rangendingen, der zusammen mit Hans Hermann, Ernst Lohmüller, Harry Müller und Herbert Fuchs 2017 das Steinkauzprojekt ins Leben gerufen hat. „Beinahe wäre der Steinkauz bei uns ausgestorben, wenn nicht einige wenige Obstbauern und Naturschützer, vor allem im Raum Ludwigsburg, sich um den Erhalt der kleinen Eule gekümmert hätten, sagen sie.
Am mittleren Neckar setzten die Naturschützer auf künstliche Niströhren, da große alte Obstbäume mit Höhlen, der bevorzugte Brutplatz für den Steinkauz, immer seltener werden. Die Anzahl der Brutpaare stieg wieder langsam, so dass sich von dort aus der Steinkauz allmählich wieder in seine ehemaligen Reviere in der Umgebung ausbreiten konnte.
Vor fünf Jahren nun startete die örtliche Nabu-Gruppe ihr ehrgeiziges Steinkauzprojekt, nachdem es in verschiedenen Ortsteilen immer wieder Hinweise auf die Anwesenheit der kleinen Eule gegeben hatte. Vorbild waren dabei die erfolgreichen Wiederansiedlungen im Neckarraum und im Gäu um Mötzingen.
Erklärtes Ziel des Nabu-Projekts ist es, eine stabile Population des Steinkauzes hier im Raum Haigerloch aufzubauen und somit eine Bestandslücke zwischen Schwarzwald und dem Neckartal um Tübingen (dort wurde 2020 sogar ein kreisweites Steinkauzprojekt gestartet) zu schließen. Biotopvernetzung ist besonders für den Steinkauz wichtig, da sich die Jungvögel in der Regel bei ihrer Reviersuche nicht allzu weit vom Elternrevier entfernen.
So hat der Nabu Haigerloch-Rangendingen bis heute weit über 40 von Harry Müller konstruierte und gebaute, mardersichere Brutröhren in dafür geeignete Obstwiesen in Stetten, Trillfingen, Gruol, Wiesenstetten, Henstetten und Hart installiert.
„Die ersten Jahre waren zäh“, so Fechter. „Wir wussten zwar von der Anwesenheit der Käuze, Bruthinweise jedoch gab es über fast drei Jahre hinweg keine. Die Arbeit ging weiter, die Brutröhren müssen alljährlich kontrolliert gereinigt und gegebenenfalls auch repariert werden. Jede Menge Einsätze und Rückschläge, Lust und Frust sind da eng beieinander. Wir mussten uns in Geduld üben!“ Doch diese Geduld sollte sich bald auszahlen, denn 2020 kamen von einem langjährigen Nabu-Mitglied Hinweise auf die Anwesenheit eines Steinkauzpaares, ein wenig außerhalb von Trillfingen.
Im darauffolgenden Frühjahr konnten die Nabu-Leute mit Hilfe einer Wildkamera die Aufzucht von drei jungen Steinkäuzen recht gut dokumentieren. Im Sommer wurden dann bei der Nistkastenkontrolle zwei fast flügge Jungkäuze in einer Brutröhren entdeckt. „Endlich – einfach der Wahnsinn“, so Fechter. Bei allen Beteiligten war die Freude riesig.
In diesem Frühjahr konnten die Nabu-Leute dann acht balzende Brutpaare im Raum Haigerloch feststellen. „Wir sind gespannt auf die ersten Brutkontrollen Mitte Juni“, sagen sie. In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell will der Nabu dann das erste Mal Jungvögel beringen, um mehr Klarheit über deren Ausbreitungsverhalten und eventuell über Verwandtschaftsverhältnisse zu bekommen.
Der Nabu möchte mit dem Einsatz für den symbolträchtigen Steinkauz auch die Einmaligkeit unserer Kulturlandschaft und speziell unserer Streuobstwiesen unterstreichen, denn beider Schicksale sind aufs Engste miteinander verbunden. „Der Steinkauz steht wie keine andere Art für die enorme Artenvielfalt unserer Streuobstwiesen in ganz Baden-Württemberg“, so das Resümee der Nabu-Leute.