Die Haigerlocher Schlosskonzerte müssen fortbestehen und dürfen nicht immer wieder in Frage gestellt werden. Das und nicht weiger ist die Forderung des Freundeskreises, der seit seiner Gründung im Jahr 2011 für die Konzertreihe verantwortlich zeichnet.
Vorsitzende Nadine Reiband, Schatzmeister Wilfried Selinka und Schriftführer Roland Trojan räumen ein: Der finanzielle und organisatorische Aufwand ist hoch, die Besucherzahlen erreichen nicht bei jedem Konzert die gewünschte Höhe. Aber diese „Perle“, so Reiband, dieses „Pfund“, mit dem die Stadt Haigerloch wuchern kann, aufgeben? Das könne und dürfe nicht passieren.
Zur Erklärung: Im Gemeinderat gab es vor zwei Wochen den Antrag, statt in die Schlosskonzerte zu investieren, für die 10 000 Euro doch lieber „einen echten Mehrwert für Haigerloch zu schaffen“ (wir berichteten). Diese 10 000 Euro zahlt Haigerloch jährlich an die Ludwigsburger Schlossfestspiele und bekommt dafür – grob vereinfacht – ein Konzert der Extraklasse samt Werbung und ist offiziell einer der Außenspielorte der hochkarätigen Konzertreihe.

Vertrag wird in Frage gestellt

Nadine Reiband, selbst Gemeinderätin, ist von dem Vorstoß ihrer Ratskollegen „überrascht“. Sie erinnert daran, dass man sich mit der Gründung des Freundeskreises vor neun Jahren „so aufgestellt hat, dass die Stadt nur einen kleinen Teil zu tragen hat, und die Tradition der Schlosskonzerte fortgesetzt werden kann“. Dieser Vertrag werde nun erneut in Frage gestellt.
„Die Schlosskonzerte sind der Mehrwert“, kontert Reiband den Antrag. „Wir sind nicht elitär oder abgehoben, wir sind mittendrin in Haigerloch.“ Mit der seit 1964 veranstalteten Konzertreihe könne sich Haigerloch „wunderbar präsentieren – nach außen und nach innen“, argumentiert sie.

Immer wieder neue Veranstaltungsorte

Sowohl die Auswahl der Künstler als auch die Veranstaltungsorte seien breit gestreut. Neben der Schlosskirche, dem Bürgerhaus und dem Fürstenbau in Bad Imnau fanden Konzerte auch schon in der Abendmahlskirche und der St.-Valentinskirche in Trillfingen statt. Dieses Jahr wird erstmals die Wendelinskapelle in Trillfngen Schauplatz der Schlosskonzerte sein – am 2. August mit der Organistin Ingeborg Schubert.

Konzert zu Ehren Karl Hurms

Auch ganz Neues entsteht, wie dieses Jahr die erste Kunst- und Musik-Veranstaltung zu Ehren des verstorbenen Künstlers und Ehrenbürgers Karl Hurm am 28. November.
Bewusst gewähre der Freundeskreis Jugendlichen freien Eintritt zu allen Konzerten. Grundsätzlich seien die Eintrittspreise mit 15 Euro sehr moderat, ergänzt Roland Trojan. Es sei richtig, dass die Schlosskonzerte weit über Haigerloch hinaus strahlen. Aber genau das sei doch zu begrüßen. „Wir wollen Besucher von außerhalb, wir wollen Gäste in der Stadt“, stellt Trojan fest.  „Ein Angebot an die Haigerlocher“ sei die Pfingstmesse in der Schlosskirche, die mit 350 Besuchern jedes Jahr Spitzenreiter ist.
Schon im Vorgriff auf die Hauptversammlung legte Schatzmeister Wilfried Selinka weitere Zahlen aus der Saison 2019 mit acht Konzerten offen. 1212 Konzertbesucher waren es insgesamt. Das Konzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele im Juni mit dem Calmus Ensemble war eher schwach besucht (117). Die besten Besucherzahlen verzeichneten, neben der Pfingstmesse, hingegen das Kantatenkonzert mit dem Chor Vox Humana am Palmsonntag (225) und das vom Freundeskreis und den Ludwigsburgern gemeinsam veranstaltete Gastspiel der „Les Brünettes“ im September im Fürstensaal (220).
Präsentiert wurden auch bereits die Konzerte dieses Jahres: Im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele wird in diesem Jahr am Sonntag, 14. Juni, Hille Perl in der Schlosskirche auftreten. Namhafte Kritiker wie Manuel Stangorra loben die Gambistin als eine der Weltbesten: „Berauschend ist ihr Ton und virtuos ihr Spiel.“
Rudolf Köhn, Beisitzer im Freundeskreis und von der ersten Stunde an ein begeisterter Anhänger der Schlosskonzerte, ist überzeugt, dass es ohne die Ludwigsburger Schlossfestspiele niemals derart erlesene Kunst, wie ein Gastspiel des Stuttgarter Kammerorchester oder des Chores der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin, bis ins kleine Haigerloch geschafft hätte. „So etwas darf man doch nicht aufgeben“, appelliert Köhn an den Gemeinderat.
Um die Stimmung im Gemeinderat wieder pro Schlosskonzerte zu drehen, setzen Nadine Reiband und der Freundeskreis auf Aufklärung. Der Gemeinderat soll über die Konzertreihe und alles was dahintersteckt „umfassend informiert“ werden. „Man sollte wissen, dass wir für 10 000 Euro nicht nur ein Konzert, sondern ein ganzes Paket bekommen“, erklärt Reiband. 10 000 Euro seien nur 0,05 Prozent des Zwei-Millionen-Haushalts.
Roland Trojan, der auch betont, wie gut und reibungslos die Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Stadt funktioniert, kann über die Anfänge der Schlosskonzerte aufklären: Der damalige Bürgermeister Manfred List hat die Konzertreihe zusammen mit Dirigent Roland Bader 1964 nach Haigerloch geholt. Von den Außenspielorten der Ludwigsburger, darunter Städte wie Wertheim, Bietigheim und Schwäbisch Hall, sind nur noch Wolfegg und Haigerloch ununterbrochen bis heute dabei.

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Neun Konzerte und eine Kunstausstellung

24. April: The Twiolins „Secret Places“, 19 Uhr, Abendmahlkirche;
9. Mai: .Klavierkonzert mit Christina Wagner, 20 Uhr, Bürgerhaus;
21. Mai: Auf dem Sternenweg (Jakobsweg) mit Rudolf Guckelsberger (Sprecher) und Barbara Gräsle (Gitarre), 18 Uhr, St.-Anna-Kirche;
31. Mai: Festgottesdienst mit der Großen Messe C-Dur von Ludwig van Beethoven mit dem Katholischen Kirchenchor und dem Chor Vox Humana und Solisten des Orchesters ars T instrumental (Leitung Mike Krell), 10 Uhr, Schlosskirche;
14. Juni: Ludwigsburger SChlossfestspiele: Hille Perl mit ihrem Ensemble The Sirius Viols und der Sopranistin Margaret Hunter, 19 Uhr, Schlosskirche;
28. Juni: Chor Semiseria und Solisten, 8 Uhr Schlosskirche;
2. August: Orgelkonzert mit Ingeborg Schubert (Orgel) und Hans-Georg Kramer (Diskantviole), 18 Uhr, Wendelinskapelle Trillfingen;
20. September: Hanke Brothers (Tuba, Klavier, Bratsche und Blockflöte), 19 Uhr, Fürstenbau Bad Imnau;
28. November: Ausstellung mit Werken des 2019 verstorbenen Künstlers Karl Hurm in der Galerie „Die Schwarze Treppe“ und Kammermusikkonzert für Querflöte (Karin Krell), Mandoline, Gitarre und Laute (Frank Scheuerle) und Viola da Gamba (Lourdes Carranza Castro).