Wenn an den ersten drei Verhandlungstagen im Hechinger Mordprozess eines sonnenklar geworden ist, dann ist es das, was die Ermittler monatelang als Spekulation abgetan hatten: dass der Schuss nie und immer dem tödlich getroffenen Bisinger Umut K. galt, sondern dem Mann, der am Tatort neben ihm stand: einem damals 25-jährigen italienischen Landsmann der drei Angeklagten.
Sowohl in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft als auch in den bisherigen Aussagen war viel die Rede von dem Mann, der den beiden Hauptangeklagten 5000 Euro für ein Kilogramm Marihuana geschuldet haben soll und angeblich keine Anstalten machte zu bezahlen. Der Ältere der beiden behauptete gar, der 25-jährige Schuldner habe ihm bei einem Geldübergabe-Versuch an der B.27 mit einer Waffe gedroht: „Er sagte, es gebe kein Geld, und drohte, uns und unsere Familien zu töten. Er packte mich bei den Haaren und drückte mir den Lauf einer Pistole an den Hals. Ich dachte, mein letztes Stündlein habe geschlagen.“
Wahr oder unwahr?
Wahrheit oder Räuberpistole? Der jüngere der beiden Angeklagten hat diese Geschichte in seiner Vernehmung am Montag bestritten. Nein, er sei von niemanden bedroht worden, auch nicht an der B 27 hinter dem Schnellimbiss-Restaurant.
Am vierten Verhandlungstag am Mittwoch, der um 13.30 Uhr beginnt, wird der Mann, der am Abend des 1. Dezember 2016 offenbar sterben sollte, den Schuss aus dem Fiat Panda aber glücklich überlebt hat, nun als Erster in den Zeugenstand treten. Von ihm erhofft sich die Große Jugendkammer insbesondere eines: Aufschluss darüber, wer aus dem vorbeifahrenden Kleinwagen geschossen hat – der 21-jährige Fahrer oder der 22-jährige Beifahrer. Wie berichtet, haben beide Fiat-Insassen in ihren Aussagen den jeweils anderen beschuldigt. Bleibt der Zeuge bei seinen Angaben, die er bei der Polizei gemacht hat, dann dürfte der ältere Angeklagte auf dem Beifahrersitz belastet werden.
Von dem 25-jährigen Italiener könnte ferner zu erfahren sein, was Umut K. eigentlich mit der ganzen Geschichte zu tun hat. War der 22-jährige Bisinger gänzlich tragisch zur falschen Zeit am falschen Ort, oder hatte er doch in irgendeiner Weise mit den Drogengeschäften zu tun, die in den Todesschuss mündeten? Der bisherige Verhandslungsverlauf ließ diese Frage offen.