Einmal im Jahr gibt es auf dem Hechinger Heiligkreuz-Friedhof eine Gedenkfeier für Engelskinder, also Kinder, die während der Schwangerschaft starben, tot geboren wurden oder nur kurz lebten. Der Termin ist am Donnerstag, 28. September, um 18 Uhr.
Dass Kinder ihren Eltern nach einem gelebten Leben ins Grab nachschauen, ist sicher bitter, aber ein Stück Naturgesetz. Tragisch und kaum zu fassen wird es, wenn Kinder vor ihren Eltern gehen müssen. In allen Fällen bedeutet der Verlust des Kindes einen Abschied von Hoffnungen, Wünschen und Träumen.
Lange Zeit war alles tabu
„Bei Fehlgeburten, und das sind etwa 25 Prozent aller Schwangerschaften“, so erklärt es Dr. med. Axel Güntner, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Bisingen, komme oft noch ein Schuldgefühl der Frauen hinzu. „In der Regel spricht man aber nicht oder nur wenig darüber.“ Manche Eltern fürchten demnach ebenfalls den unberechtigten Vorwurf versagt oder etwas falsch gemacht zu haben. Und so gehörte dieses Thema bis vor nicht allzu langer Zeit in einen Tabubereich. Aber es tritt langsam eine Änderung im Bewusstsein der Eltern und auch amtlicherseits ein.
Es war früher nicht möglich für Kinder, die mit einem Gewicht von unter 500 Gramm tot zur Welt kamen, eine Geburtsurkunde oder einen Eintrag ins Geburtenregister zu bekommen. Für diese Kinder besteht in nicht allen Bundesländern eine Bestattungspflicht, aber die Bestattung ist in allen Bundesländern möglich. „Hier hat sich doch einiges getan und es tut sich auch noch mehr“, weiß Axel Güntner. In Kliniken werden die Frühgeburten nicht wie früher üblich nur „entsorgt“. „Krankenhäuser verfügen mittlerweile über geschultes und sensibilisiertes Personal“, berichtet Gerlinde Hirsch, Hebamme in Haigerloch. „Es ist wichtig, dem Kind die Würde, und den Eltern die Zeit für die Bewältigung der Situation zu geben und sich auch körperlich von dem kleinen Wesen zu verabschieden. Wird dem Trauern nicht genügend Zeit und Raum gegeben, ist die Verarbeitung blockiert“, lautet die Forderung der Hebamme und des Arztes.
Der Abschied braucht Zeit
„Abschied nehmen ist ein Prozess, der Zeit braucht“, weiß Michael Seifert vom gleichnamigen Hechinger Bestattungsinstitut aus Erfahrung. „Der Bestattungskult hat sich allerdings verändert, wird bewusster erlebt. Auch deshalb, da es sich sehr oft um Wunschkinder handelt,“ erklärt Seiferts Mitarbeiterin Stefanie Schellhammer.
Auf nicht allen Friedhöfen gibt es Gräberfelder für Engelskinder wie etwa in Albstadt, Balingen und Hechingen. „Auch hier dürfte sich noch mehr tun“, weiß Erwin Schäfer vom Caritasverband. „Es ist wichtig“, und darin waren sich alle Gesprächspartner einig, „dass das Thema nicht mehr in der völligen Tabuzone liegt. Es wird inzwischen offener darüber gesprochen. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um sich Rat, Hilfe und Begleitung in der härtesten Zeit zu holen. Und die darf man gerne im Namen seines Kindes und zum Schutz der eigenen psychischen Gesundheit in Anspruch nehmen.“
Faltblatt informiert über Beratung und Begleitung
Das Infoblatt „Abschied nehmen müssen“ des Caritasverbandes für das Dekanat Zollern gibt Auskunft über Beratungsstellen für Betroffene: Caritasverband für das Dekanat Zollern, Gutleuthausstraße 8 in Hechingen, Telefon 07471/9332 0, www.caritas-zollern.de; Evangelische Kirchengemeinde Hechingen, Heiligkreuzstraße 11 in Hechingen Telefon 07471/6664 und www.ev-kirche-hechingen.de; Katholische Kirchengemeinde St. Luzius, Kirchplatz 6 in Hechingen, Telefon 07471/936333 und www.sse-luzius.de.
Trauerbegleitung kann man nachfragen bei Anna Hömens (Trauerbegleiterin) Telefon 07485/725077; Petra Wolf (Betroffene Mutter), Telefon 07476/4491272. Hilfreiche Internetadresse: www.mein-sternenkind.de. Auch Bestattungsunternehmen wie das Bestattungsinstitut Seifert, Holger-Crafoord-Straße 2 in Hechingen, Telefon 07471/2067, geben Auskunft.