Sie kamen im Schutz der Dunkelheit und gingen zielgerichtet vor: Diebe schlugen in der Nacht von Montag auf Dienstag im Balinger Gymnasium ein Fenster ein und wüteten im Rektorat. Ihre Beute: 16 Tablet-Computer und ein stattlicher Tresor mit etwa 100 Kilogramm Gewicht, den sie unverschlossen aus dem Gebäude getragen haben sollen, wie es im Polizeibericht heißt. Darin enthalten: Bargeld sowie einige hundert Abiturklausuren.
Dass es die Diebe ausgerechnet auf diese Dokumente abgesehen haben, glaubt Rektor Thomas Jerg nicht. „Niemand kann mit diesen Unterlagen etwas anfangen, das Abitur ist erstens abgeschlossen und zweitens sind die Dokumente anonymisiert“, sagt er. Außerdem hätte jeder Schüler das Recht, seine Arbeiten einzusehen, in dem er eine Nummer angibt und sich seine Werke heraussuchen lässt.
Für den materiellen Schaden springe die Versicherung in die Bresche, sagt Jerg. So auch für drei weitere Tablet-PCs, die die Diebe laut Polizei „mit aller Gewalt zerstört“ hätten. Den Gesamtschaden schätzt sie auf ungefähr 6000 Euro.
Allein, die Abiturklausuren sind unersetzlich. „Vielleicht taucht der Tresor ja auch wieder auf“, meint Thomas Jerg. Laut Polizei gebe es bislang keine konkreten Hinweise auf mögliche Täter.
Auch die Zuständigkeiten der Behörden schienen am Mittwoch im Lauf des Tages nicht ganz klar. Das Regierungspräsidium verwies auf Nachfrage, wie mit dem Verlust der Klausuren umzugehen sei, zunächst an die Stadt Balingen als Träger der Schule. Harry Jenter, Leiter des Amts für Familie und Bildung indes war von der Kunde, dass Prüfungsunterlagen abhanden gekommen waren, zunächst überrascht. Und er machte deutlich: „Wir sind dafür zuständig, das Schulgebäude wieder in Ordnung zu bringen. Die sogenannte sächliche Ausstattung ist unsere Aufgabe, aber mit dem internen Schulbetrieb haben wir absolut nichts zu tun.“ Auch wenn es darum gehe, wie und wo Klausuren aufzubewahren seien, sei die Stadt als Träger außen vor. „Da gibt es sicherlich Regeln, aber wir haben da nichts mitzureden“, so der Balinger Amtsleiter.
Dass die Unterlagen im Schul­tresor korrekt gelagert waren, daran hat Christine Sattler, Pressesprecherin beim Kultusministerium in Stuttgart, keinen Zweifel. „Sie dürfen von den Schülern unter Aufsicht eingesehen werden, und wer möchte, kann auch Abzüge davon machen lassen oder sie abfotografieren“, erklärt die Sprecherin die Regelung, die im Amtsblatt Kultus und Unterricht veröffentlicht wurde.
Den Schülern, die in Balingen jetzt ihre Matheprüfung gerne noch einmal sehen wollten, hilft dies jedoch nichts. Dirk Abel, Pressesprecher beim Tübinger Regierungspräsidium, bringt es auf den Punkt: „Was nicht mehr da ist, ist erst mal halt nicht mehr da und kann nicht angeschaut werden.
In dem Fall ist es höhere ­Gewalt, und es bleibt nur zu hoffen, dass die Diebe möglichst bald dingfest gemacht werden und die Dokumente wieder auftauchen.“ Kopien von den Prüfungen gebe es auf jeden Fall nicht, sagt der Pressesprecher.