Sogar mit Händen und englischen Wörtern versuchte es Hans-Ernst Maute, Co-Geschäftsführer der Firma Joma-Polytec, am Mittwochmorgen. Zu Gast waren acht Schüler der sogenannten Vabo-Klassen. Sie absolvieren ein „Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen“ an der Kaufmännischen Schule Hechingen. Hans-Ernst Maute vermittelte den Jugendlichen auf Wunsch von Anette Weiß, Regionale Projektleitung von „BBQ Berufliche Bildung“, wie die Arbeit in einem modernen Industriebetrieb aussehen kann. Der Anreiz für die Zuhörer? Auch Azubis stellt die Firma immer wieder ein.
Auch wenn die 15- bis 17-Jährigen interessiert lauschten, verstanden sie nicht alles, was ihnen Hans-Ernst Maute nahebrachte, bis ins Detail. So wie die 17-jährige Maria. Sie verfügt vorerst, obwohl sie fleißig lernt, über rudimentäre Deutschkenntnisse eines A2-Sprachniveaus. Daher fand die 17-Jährige vor allem den Rundgang durch die Produktionshallen sehr interessant.
Joma-Polytec ist ein international tätiges Familienunternehmen, das Kunststoffspritzgussteile, Vakuum- und Hydraulikpumpen sowie Extrusionsprofile für namhafte Firmen wie BMW und Daimler anfertigt. Ihre Niederlassungen, Vertriebs- und Fertigungspartnerschaften sind in Europa, Nordamerika und Asien angesiedelt. Rund 480 Mitarbeiter beschäftigt Joma-Polytec. Aktuell hat der Betrieb 24 Azubis und 15 angelernte Fachkräfte.
Eine Ausbildung zum Industriekaufmann, Verfahrens- oder Werkzeugmechaniker, technischen Zeichner oder Systemadministrator kommt für Maria nach dem Rundgang und der Gesprächsrunde mit Hans-Ernst Maute zwar nicht infrage, aber auch nur, weil sie schon den Wunsch gefasst hat, Polizistin zu werden.
Dass solche Berufe bei Joma-Polytec für Jugendliche – unabhängig von ihrer Herkunft – interessant sind, zeigt die Tatsache, dass sogar erstmals auch ein Flüchtling beschäftigt wird. Der gebürtige Eritreer stellte sich den jungen Gästen sogar persönlich vor. Die 15- bis 17-Jährigen stellten ihm einige Fragen, schließlich besuchte der junge Mann früher auch schon eine Vabo-Klasse der Kaufmännischen Schule . Sein Fazit: „Es macht mir viel Spaß. Die Kollegen sind sehr nett“.
Beschnuppern konnten sich der Betrieb und der Schüler im Rahmen eines Praktikums, dann hat er sich für einen Ausbildungsplatz beworben. und nun erlernt er den Beruf des Verfahrensmechanikers. „Wir können nicht allen einen Platz bieten. Aber in manchen Fällen kann es was werden“, betont Co-Geschäftsführer Maute. Vorzügliche Noten haben für ihn nicht die höchste Priorität, sondern die eigene Bereitschaft, deutsch zu lernen, und der Wille, engagiert zu sein. „Wichtig ist einfach, sich einzubringen“, findet er. So hat das auch der junge Flüchtling getan.
„Wir nehmen gern Menschen mit Migrationshintergrund auf“, sagt Hans-Ernst Maute. Allerdings sei nicht Muskelkraft gefordert – was er mit seinen Händen eindrücklich illustriert –, sondern Denkarbeit, sagt er und tippt sich mit dem Finger an die linke Schläfe. In einem Unternehmen, in dem etliche Maschinen die schweren Press- und Schweißarbeiten übernehmen, sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, diese Vorgänge zu programmieren und deren Umsetzung zu kontrollieren. Das sehen auch die Jugendlichen. Während die Waren fertig aus den Geräten geschoben und gepresst werden, sitzen Frauen und Männer nur vereinzelt an Arbeitsplätzen und vervollständigen die Produkte.
In der anschließenden Gesprächsrunde beklagte Marcus Paula, Oberstudienrat und Bereichsleiter der Berufsfachschule für Wirtschaft und Vabo, dass die Industrie- und Handelskammer (IHK) ein B2-Sprachniveau fordert. B1 entspreche der Mittleren Reife und genüge „aus unserer Schulsicht“ für die meisten Berufe aus. Um B2 zu erreichen, benötigten die jungen Menschen drei Jahre, so der Bereichsleiter. Hans-Ernst Maute, der IHK-Ehrenamtsträger ist, argumentierte, dass B2 zum Beispiel wegen der Arbeitssicherheit so hoch angesetzt ist. „Wir dürfen dort nicht allzu weit runter gehen.“ Marcus Paula erzählte von positiven Arbeitgeber-Rückmeldungen, auch wenn die Schüler nicht das B2-Niveau mitbrächten.
Letztendlich sei es wie im Film „Der mit dem Wolf tanzt“. Beide Seiten, Ausbilder und Azubi, „fangen bei Null an“, so Co-Geschäftsführer Maute. Verständigt wird sich im Film mit Zeichensprache, Rhythmus und Tonfall. Das verlangt unglaublich viel Geduld“, weiß er. Aber es lohnt sich auch, wie man sieht. Und den ersten Schritt hat Maute wieder getan.
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Auszubildende beschäftigt Joma-Polytec. Einer davon ist ein Flüchtling aus Eritrea. Die Mehrheit absolviert eine Ausbildung zum Verfahrens- oder Werkzeugmechaniker.
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