Die Zahlen der Kriminalitätsstatistik sind für Göppingen gar nicht so schlecht, aber das Sicherheitsgefühl hat mit Zahlen nicht immer etwas tun. Wie es mit der Sicherheit im Landkreis Göppingen aussieht, hat die SPD am Montagabend beim „Talk im Roth“ diskutiert.
Im Büro der Kreis-SPD im Roth-Carrée am Schillerplatz macht die SPD-Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens gleich zu Beginn klar, dass Zahlen und Sicherheits-Empfinden sehr unterschiedlich sein können: „Es hängt immer von den Erfahrungen ab, ist man von einem Einbruch oder einem gewalttätigen Angriff selbst betroffen oder nicht.“ Wie wichtig das Thema innere Sicherheit ist, weiß Baehrens nicht erst, seit sie im Bundestag den Abgeordneten der AfD-Fraktion schräg gegenüber sitzt. „Sicherheit und Ordnung müssen gewährleistet sein, wir brauchen einen starken Rechtsstaat“, sagt sie.
Einen, der sich mit Sicherheit auskennt und das genauso sieht, hat die Kreis-SPD eingeladen: Hans-Jürgen Kirstein, Polizist am Polizeipräsidium Konstanz und Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der sagt deutlich, wie das Sicherheitsgefühl und auch die Zahlen in der Statistik noch besser werden könnten: Mit mehr Polizisten. Seit Jahrzehnten sei die Polizei unterbesetzt, besonders zwischen 2001 und 2006 sei die Polizei zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition in Stuttgart kaputt gespart worden. Derzeit schöben seine Kollegen im Land 1,9 Millionen Überstunden vor sich her, „es gibt Kollegen, die hatten im laufenden Jahr gerade mal zwei oder drei freie Wochenenden“. Und, „als bloße These mal gesagt: Weniger Polizisten nehmen auch weniger Straftaten auf.“ Klar sei, dass sich das Anzeigenverhalten der Menschen ändere. „Wenn die Polizei erst in einer halben Stunde kommt, dann brauch ich gar nicht erst anzurufen, sagen sich die Leute dann.“
Wenn die überlasteten Kollegen einen Täter ermittelt hätten, müsse auch die Justiz schneller werden. „Wir brauchen keine neuen Gesetze, vor Gericht muss zeitnah etwas passieren und nicht erst Monate oder gar Jahre später. Sonst bekommen wir viele Wiederholungstäter. Eine Gesellschaft ohne Kriminalität gibt es nicht, was wir brauchen ist null Toleranz“, unterstreicht Kirstein.
Gar nichts hält der Gewerkschaftschef von einer Polizeitruppe aus Freiwilligen, „die nach einer 14-tägigen Ausbildung auf die Menschen losgelassen werden“. Mehr bringe es, den Gemeindevollzugsdienst aufzustocken, der könne die Polizei entlasten.
Und in Göppingen? Der Bereich vor dem Bahnhof hat immer noch einen schlechten Ruf, das weiß auch die SPD. In der anschließenden Fußgängerzone fühlten sich einige Leute abends oder nachts nicht wohl, sagt SPD-Stadtrat und Fraktionschef Armin Roos. Man müsse aufpassen, dass dieser Bereich der Innenstadt nicht nur zum Einkaufen genutzt werde und nachts leer und verwaist sei. „Nur eine belebte Innenstadt ist auch eine sichere Innenstadt.“ Die Wohnbebauung in den Apostelhöfen sei ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Problem sei auch die immer weiter steigende Mobilität, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Hofelich. Er hat Zahlen aus Salach dabei: Pro Jahr beträgt der Einwohneraustausch dort 17 Prozent. Nach nur wenigen Jahren hat die Hälfte der Einwohner gewechselt. „So entstehen keine Bindungen zwischen den Menschen.“ Und Bindungen, vor allem in der Nachbarschaft, schafften Sicherheit.
Besonders um Jugendliche kümmern
Prävention: Ganz wichtig findet GdP-Landeschef Hans-Jürgen Kirstein die Betreuung an den Schulen. Wenn die Arbeit in den Schulen funktioniert, könnten von dort auch Hinweise an die Polizei kommen, die dann ein Auge auf potenzielle oder tatsächliche Täter haben könne. Einen frühen Ansatz bei Jugendlichen durch Schulsozialarbeiter hält auch Stadträtin Heidrun Schellong (SPD) für gewinnbringend und verweist zusätzlich auf zwei von der Stadt beschäftigte Streetworker, die sich an Brennpunkten wie dem Bahnhofsbereich, „dem Drogenumschlagsplatz Nummer eins in der Stadt“, um Jugendliche kümmern.